Erstellt von Hannes Höfer | |   Kreisverband

Die Biene als Grundpfeiler des Lebens

Gegen eine Gartenkultur des Aufräumens – Bio-Imker Dr. Bernhard Zimmer mit interessanten Fakten und faszinierenden Bildern

Laufen. Es gibt 20 000 Bienenarten auf diesem Planeten – wahrscheinlich sogar mehr. 90 Prozent aller Blütenpflanzen sind auf deren Pollenübertragung angewiesen. 35 Prozent unserer Lebensmittelproduktion hängt von der Arbeit der Biene ab. Ein guter Grund also, sich um die fleißigen Tiere zu kümmern. Es gibt aber auch Anlass zur Sorge. Dr. Bernhard Zimmer macht sich Sorgen. Um die Biene, um all die anderen wichtigen Insekten und um die Artenvielfalt. Der Landtagskandidat der Grünen ist Bio-Imker und ausgewiesener Fachmann für Maja, Willi und all ihre Verwandten. Im Laufener Kapuzinerhof gab er spannende Einblicke in eine faszinierende Welt.

Die Saurier sind vor 65 Millionen Jahren ausgestorben. Der Mensch läuft erst wenige Millionen Jahre über die Erde. Das System Biene aber funktioniert seit 100 Millionen Jahren. Einschlüsse in Bernstein belegen das. Auch die alten Ägypter huldigten der „Götterspeise“; die Römer wussten: „Wo Bienen sind, dort ist Gesundheit.“

„Wir retten die Bienen“, verkündete Bernhard Zimmer. Dieses Thema steht für den Direktkandidaten im hiesigen Wahlkreis „ganz oben“. Lebensräume schützen und erhalten, Artenvielfalt bewahren, fordert der Pidinger. Was also tun? Vielleicht die „Gartenkultur des Aufräumens“ ersetzen durch mehr Wildnis und mehr Unordnung. Insektenhotels seien zwar gut gemeint, Aufwand und Nutzen aber stünden in keinem Verhältnis. Besser wäre da ein Haufen Holz im Garten, Röhricht und hohle Stängel stehen- oder liegenlassen.

In Städten fänden Bienen mitunter mehr Nahrung als auf dem Land, so Zimmer. Wo hierorts 15 Kilogramm Honig pro Stock und Jahr ein gutes Ergebnis sei, reden Stadtimker von 40 Kilogramm. In London wird von 80 bis 200 Kilo berichtet. „Das Blühangebot inklusive der Laubbäume ist in Städten optimal“, erklärte Zimmer. Allerdings ginge dort die Wildbienenpopulation zurück, weil Honigbienen die effizienteren Sammler seien.

Davon gibt es viele regionale Rassen. „Auch die dunkle Biene gibt es noch“, betonte Zimmer, wenngleich diese „stechfreudigere“ Biene nicht so gerne gesehen ist. Apropos stechen: Was sich am nachmittäglichen Kaffeetisch auf Obst- und Sahnetorte einfindet, ist fast immer eine Wespe. Bienen suchen weder Cola noch Marmelade, sondern Blüten. Im Frühjahr gerne Löwenzahn. „Aus Sicht der Gärtner die wohl am meisten bekämpfte Pflanze“, meint Zimmer. Zwei Tage und zwei Nächte sei der Landkreis gelb, dann werde gemäht. „Das Buffet wird sofort wieder geschlossen“, bedauert der Referent. Dabei wären „Massentrachten“ wie die des Löwenzahns so wichtig für die Entwicklung der Bienenvölker.

„Wir müssen die Bilder in den Köpfen verändern“, ist Zimmer überzeugt. „Das schmucke Häuschen, davor der saubere Rasen, perfekt gepflegt vom Mähroboter. Genau das wird uns von der Werbung vermittelt.“ Weniger wäre da oft mehr. Ziel sollte ein Garten für Mensch und Biene sein: Vielfältig, struktur-, arten- und ertragreich – „einfach ein bissl unordentlich.“

Bernhard Zimmer geht es um Artenvielfalt. Seine Bilder zeigten auch eine Auswahl der 450 Tomatensorten aus dem Botanischen Garten und die 80 Kartoffelsorten eines schwäbischen Züchters. „Den Konzernen wären am liebsten nur drei, und die entsprechend patentiert“, ist Zimmer überzeugt. Er weiß um den Lebenszyklus von Königin, von Sommer- und von Winterbiene. Königinnen legen 1000 bis 2000 Eier pro Tag, in ihren vier bis fünf Lebensjahren etwa zwei bis drei Millionen. Bis zu 50 000 Bienen tummeln sich in einem Stock. Ihr Aktionsradius beträgt etwa drei Kilometer. Auf die Frage aus dem Publikum, was denn einen Bio-Imker ausmache, meinte Zimmer: „Darauf, wo meine Bienen hinfliegen, habe ich keinen Einfluss. Auf alles andere im und rund um den Stock schon.“  Sowohl Bernhard Zimmer als auch Franz Eder haben sich nach eigenen Angaben intensiv in das Wahlprogramm der bayerischen Grünen eingebracht. Bezirkstagkandidat Eder setzt beim Thema Bienen auch auf ein künftiges Label „Bienenfreundliche Kommune“.

Von den Wildbienen gibt es hierzulande 515 Arten. 40 Prozent davon stehen auf der Roten Liste, 30 Prozent sind auf dem Weg dahin. „Das System Bestäuber erhalten“, plädierte Zimmer, „denn Mensch und Biene sind enger verbunden als man glaubt.“ Studien der Universität Lüneburg hätten gezeigt, dass eine Bestäubung mit Pinsel Form und Inhalt der Früchte negativ beeinflusst. „Forschen und genauer hinschauen“, wünscht sich Zimmer. Aber eben auch: „Es muss bunter werden.“  

Nur die Blühzeit sollte nicht länger werden, denn spätblühende Neophyten wie das Indische Springkraut verlängerten zwar das Nahrungsangebot, seien aber letztlich eine „Katastrophe“, weil „nicht im System“. Ganz ähnlich wirken die Wetterkapriolen. Im heurigen Januar zeigte das Thermometer über Tage 15 Grad Celsius, die Bienen aber flogen umsonst. Schon im April herrschte heißes Sommerwetter. „Das stört das Bienenjahr. Das Ökosystem ist enger verzahnt als wir meinen.“ Für Bernhard Zimmer ist es „Fünf vor Zwölf“. Er appellierte an die interessierten Besucher im Seminarraum in den Spiegel zu schauen, denn darin sehe man stets einen, der etwas tun kann.

Honigbiene auf Schafgarbe
Wildbienen sind wichtiger als gedacht
Dr. Bernhard Zimmer, Forstwissenschaftler und Bio-Imker