Erstellt von Marx / Höfer | |   Freilassing

Verkehrsexperte Dr. Toni Hofreiter besucht "Brennpunkte" im Landkreis.

Toni Hofreiter setzt sich als Mitglied des Bundestagsausschusses Verkehr, Bau und Stadtentwicklung schwerpunktmäßig für eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, für Verkehrssicherheit und für zukunftsfähige Mobilitätskonzepte ein.

Am Mittwoch, den 14. Juli besuchte Dr. Toni Hofreiter das Berchtesgadener Land um sich vor Ort zu informieren und auf offene Fragen der Bürger zu antworten.

Im Anschluß folgt ein Pressebericht von Hannes Höfer. Über den Link unten erreichen Sie ein Portrait von Dr. Toni Hofreiter.

 

„Die Realität ist auf Seiten derer, die sich wehren“

Grünen-Verkehrsexperte Dr. Toni Hofreiter fordert Bahn statt Autobahn –

 

Landkreistour Berchtesgadener Land (höf).

 „Nichts ist entschieden“, stellt Toni Hofreiter klar, „gar nichts.“ Der Bundestagsabgeordnete widerspricht damit all jenen, die den Vollausbau der Autobahn A8 bereits für beschlossene Sache halten. Als Verkehrs-Experte der Grünen kritisiert er nicht nur dieses Projekt. Bei Bahn und Straße würden auch unter einem Verkehrsminister Ramsauer die Prioritäten völlig falsch gesetzt. Auf seiner Bayerntour besuchte Hofreiter zusammen mit heimischen Grünen einige Schwerpunkte der lokalen Verkehrsdiskussion. Am Abend trotzten er und zwei Dutzend Besucher den Sauna- Temperaturen in der Gaststube beim Mirtlwirt.

Toni Hofreiter kann nicht verstehen, warum ausgerechnet lokale Mandatsträger die Heimat zu einer Transitregion für den Schwerlastverkehr machen wollen. „Warum tut man das der eigenen Region an?“ fragt er gleichsam all jene Bürgermeister, Landräte und Abgeordnete, die sich für einen Ausbau 6 + 2 der Autobahn A8 vom Chiemsee bis zur Landesgrenze aussprechen. „Wir haben hier eine unangenehme Gemengelage“, analysiert er, „Mandatsträger und Lobbyisten ziehen an einem Strang“. Vierspurig plus flexibler Standstreifen wäre für die täglichen rund 50.000 Fahrzeuge absolut ausreichend. „Das weiß auch die Autobahndirektion“, meint Hofreiter, wenn man dennoch andere Ziele verfolge, habe das einen „rein ideologischen Hintergrund“. - „Wenn betonieren, dann g'scheid“, lästert er, soll doch das neue Asphaltband in „Entwurfsklasse 1“ gebaut werden. Was bedeute, dass man mit 250 Sachen durch den Chiemgau brausen könne.

Hofreiter wundert sich, dass eine weitere „Absurdität“ bislang nicht diskutiert werde. Der Autobahnabschnitt Felden – Grabenstätt ist vor wenigen Jahren neu und aufwändig gebaut worden. „Chemikaliensicher“, damit der nahe Chiemsee bei einem Unfall mit Gefahrgut nicht belastet werde. „Es gibt keine teurere Variante“, betont Hofreiter. Das sei dort gut und richtig so; und das bleibe auch bestehen. Und zwar vierspurig. Was bedeutet, dass es am Chiemsee und nach der Grenze in Österreich „Engpässe“ gebe. „Dieses Muster macht keinen Sinn.“

Über einen Autobahnbau entscheide nicht der Minister und nicht die Autobahndirektion, erinnert der Grünen-Verkehrsexperte. „Es ist der Haushalts-Ausschuss und schließlich der gesamte Bundestag, der die Gelder bereitstellt“. Zuvor müssten die Planfeststellungs-Verfahren abgeschlossen und rechtskräftig sein. „Beides ist ganz weit weg“

Ob denn Olympische Spiele die Sache beschleunigen würden, wollte Ernst Wohlschlager wissen. „Nein. Von olympischen Sondertöpfen ist mir nichts bekannt. Dass diese Autobahn bis 2018 gebaut ist, da müsste tatsächlich ein Wunder geschehen“.

Toni Hofreiter macht eine gesamtdeutsche Rechnung auf. Projekte für 80 Milliarden Euro stünden derzeit im Verkehrswegeplan. Fünf Milliarden seien jährlich im Haushalt für Bundesfernstraßen eingeplant. Ziehe man davon die 800 Millionen für Pflege und Winterdienst ab, nochmal zwei Milliarden für den Unterhalt, blieben am Ende gut zwei Milliarden für den Neubau. 40 Jahre würde es demnach dauern, die Aufgaben abzuarbeiten.

Nicht besser sieht es bei der Bahn aus. Hofreiter listet prioritäre Großprojekt auf, die sich auf 24 Milliarden summieren. Dabei stehe pro Jahr nur gut eine Milliarde zur Verfügung, also seien die nächsten 24 Haushalts-Jahre schon verplant. Demnach könnte die vieldiskutierte Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing frühestens 2034 in Angriff genommen werden. Die habe man ursprünglich mit 500 Millionen Euro kalkuliert, dann noch den Flughafenanschluss und den halben Bahnknoten München eingerechnet, und sei deshalb inzwischen bei 2,6 Milliarden Euro. „Damit hat man das Projekt tot gerechnet“, kritisiert der Abgeordnete. Gerade hier könnte man mit 200 bis 300 Millionen schon viel erreichen: zum Beispiel eine Elektrifizierung und Überholabschnitte. Die sogenannte „Streichliste“ für Bahnprojekte gebe es tatsächlich, informiert Hofreiter, auch wenn die offiziell nicht so heißt geheim bleiben hätte sollen. Darauf findet sich auch die Strecke München-Mühldorf-Freilassing. „Nicht vor 2030 heißt es dort.“.

„Es geht noch dreister“, kündigt Hofreiter an und das Publikum staunt. Die Bahn kauft weltweit ein: den größten Busbetreiber Europas, Luftfrachtfirmen in den USA, Logistikunternehmen in Australien und Brasilien, Paketdienst in Hongkong und so weiter und so fort. „Wir sind mit Hilfe der Deutschen Bahn AG in 130 Ländern beschäftigt. Die Bundesrepublik ist der größte Straßen-Spediteur der Welt.“ Hofreiter und die Grünen meinen, dass es klüger wäre „vor Ort in sinnvolle Infrastruktur-Projekte zu investieren.“ Mit „sinnvoll“ meint Hofreiter nicht weiter wie bisher, denn Deutschland habe neben Holland bereits das dichteste Straßennetz der Welt. Weiter auf Straßenbau zu setzen und damit Lärm, Abgase und Feinstaub zu produzieren und den Landwirten ihre Existenzgrundlage zu nehmen, sei nicht „zukunftsfähig“. Für die Autobahngegner in der Region formuliert Hofreiter vorsichtig optimistisch: „Mit jedem Jahr, in dem nicht gebaut wird, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Verwirklichung. Und in 30 Jahren kann sich das keiner mehr vorstellen.“

Dass in Sachen Flughafen Salzburg nichts zur Verbesserung für die Freilassinger Bürger vorangehe, liegt für Hofreiter auf der Hand. „Wer im eigenen Land eine Unmenge an Flughafenprojekten fördert und sich generell für deren Ausbau ausspricht wie unser Verkehrsminister, der kann hier wenig glaubwürdig auftreten.“

Peter Ramsauer zählt für Hofreiter zu den „schwachen Ministern“, obgleich er einem wichtigen und zentralem Ministerium vorstehe. „Er müsste öfter mal nein sagen, anstatt heiße Luft zu produzieren.“

Eine Woche mit sehr heißer Luft haben sich Dr. Toni Hofreiter und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Volker Leib für ihre Bayerntour ausgewählt. Von Mittelfranken bis in den Süden Bayerns geht die Reise per Bahn und endet in der Oberpfalz. In Reichenhall waren sie um 10 Uhr eingetroffen. Mit Grünen aus dem Kreisverband besichtigten sie eine mögliche neue Autobahnausfahrt Schwarzach, den Gablerknoten, die Murenabgänge bei Baumgarten und an der Rötelbachstraße und besuchten schließlich die von einer Högltrasse betroffenen Bauern. Und waren pünktlich um 19 Uhr in Freilassing.

 

Bildunterschrift:

Toni Hofreiter 2:

 

„Ein zukunftsfähiges und akzeptables Mobilitäts-System“ wünscht sich der Grünen-Verkehrsexperte Dr. Toni Hofreiter.

 

Dr. Toni Hofreiter