Erstellt von Edwin Hertlein | |   Kreisverband

Sterntaler gut für die regionale Wirtschaft

Über die Regionalwährung „Sterntaler“ informierten sich die Grünen im Berchtesgadener and auf ihrer letzten Kreisversammlung. Kompetenter Referent war dabei Franz Galler, einer der Initiator der seit kurzem im Landkreis Berchtesgadener Land erhältlichen Regionalwährung „Sterntaler“.

 

Geld sei eines der großen Tabuthemen unserer Zeit, so Galler in seinem Vortrag. Über Geld spreche man ebenso wenig wie über Sex oder den Tod. Dabei sei die Funktionsweise des Geldes von entscheidender Bedeutung für unser wirtschaftliches Wohlergehen. Dieses Tabu zu durchbrechen und über das „Schmiermittel der Wirtschaft“ mehr an Informationen in die Bevölkerung zu transportieren ist dem Verein für organisierte Nachbarschaftshilfe im Berchtesgadener Land STAR e.V. ein wichtiges Anliegen. Gegründet wurde der Verein vor gut zwei Jahren als Tauschring. Im April letzten Jahres hat der finanziell, konfessionell und politisch unabhängige und nicht auf Gewinn ausgerichtet Verein das Projekt „Sterntaler“ ins Leben gerufen. Der Sterntaler ist eine Regionalwährung, die das Ziel hat, die regionale Wirtschaft durch den Verbleib von Wertschöpfung im Landkreis zu stärken. Über 370 Mitglieder hat der Verein bereits, davon circa 100 Unternehmer.

 

Die Zahl der Unternehmer und der Sterntalerumlauf nehmen stetig zu. Derzeit sind rund 15.000 Sterntaler im Umlauf, was derselben Summe in Euro entspricht. Unser globales Geld sei heute mehr Spekulations- und Hortungsmittel als Tauschmittel. 98 Prozent der weltweiten Währungstransaktionen seien rein spekulativer Natur und nicht durch einen tatsächlichen Waren- und Dienstleistungsaustausch unterlegt. Der Zins, der in allen Waren und Preisen enthalten ist, setze das Geld einem Wachstumszwang aus. Dieser Wachstumszwang treibe es weltweit dort hin, wo die höchsten Renditen erzielt werden können.

 

Das seien überall auf der Welt immer die Zentren. Es werde immer mehr dort produziert, wo die Produktionskosten am niedrigsten sind. So ströme derzeit etwa 70 Prozent des anlagebereiten Kapitals nach China und Südost-Asien. Dieses Geld komme dann „verkleidet“ als „billiges Schnäppchen“ zurück. Die Zinsproblematik erläuterte Galler anhand der Entwicklung von öffentlichen Investitionen, Steuereinnahmen und Zinsbelastung in der Bundesrepublik von 1965 bis 2003. Während sich die Investitionen in diesem Zeitraum von 12 auf 33 Milliarden Euro knapp verdreifacht haben, stiegen die Steuereinnahmen im selben Zeitraum von 54 auf 468 Milliarden Euro um das Neunfache. Regelrecht explodiert sind in diesem Zeitraum aber die Zinsenlasten. Diese haben von 2 auf 66 Milliarden Euro zugenommen.

 

Hintergrund für dieses „explodieren“ der Zinsbelastung ist die Wirkung der dem Zinssystem innewohnenden Exponentialfunktion. Das fatale an der Zinseszinswirkung ist dabei, dass nur etwa zehn Prozent der Kapitalbesitzer nach Abzug der in den Preisen enthaltenen Zinsen vom Zinssystem profitieren. Achtzig Prozent der Kapitalbesitzer gehören aber zu den Verlieren dieses Systems. Die zunehmende Globalisierung und der spekulative Transfer von Geldmitteln könnten da und dort durchaus Arbeitsplätze schaffen. Insgesamt würden durch die Globalisierung aber Arbeitsplätze verschwinden.

 

Die 500 weltweit größten Unternehmen hätten in den letzten 30 Jahren ihren Umsatz um 700 Prozent gesteigert und dabei Arbeitsplätze abgebaut. Immer mehr kleinere und mittlere Unternehmer strichen wegen des ruinösen Wettbewerbs die Segel. Früher blühende Innenstädte und pulsierende Einkaufsstraßen würden zunehmend trostloser. Dies führe zu einem Teufelskreis: Weiter steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Kaufkraft, weg brechende Einnahmen der Kommunen, steigende private und öffentliche Verschuldung, weniger Zuversicht und Bereitschaft zu Investitionen, noch mehr Verlagerung der Arbeitsplätze ins Ausland.

 

Der „Sterntaler“, als reines und persönliches Tauschmittel für das Berchtesgadener Land konzipiert, will deshalb gerade für diejenigen Geschäfte, Betriebe und Unternehmen da sein, die sich bei der immer mehr zunehmenden Globalisierung auf der Verliererseite sehen. Wie Regionalgeld einen lokalen Wirtschaftskreislauf beleben kann, zeigte Galler anhand des „Wunder´s von Wörgl“ auf. In der Tiroler Gemeinde Wörgl war auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts aufgrund der großen witschaftlichen Not das „Wörgler Schwundgeld“ eingeführt worden, das genau so konzipiert war wie der heutige Sterntaler.

 

Der eigentliche „Kniff“ beim Regionalgeld ist dabei ein „negativer Zins“ von einem Prozent pro Monat, wodurch dieses Geld zum reinen Tauschmittel wird. Durch diesen Umlaufimpuls wechselte das „Wörgler Schwundgeld“ innerhalb von 14 Monaten durchschnittlich 416 mal den Besitzer. Innerhalb von 14 Monaten wurde mit dem „Schwundgeld“ die vorher auch in der Tiroler Gemeinde grassierende Arbeitslosigkeit um 25 Prozent abgebaut.

 

Die Gemeindeabgaben stiegen um 35 Prozent und die öffentlichen Auftragsvergaben sogar um 220 Prozent. Zahlreiche österreichische Gemeinden wollten das Experiment übernehmen und sogar im französischen Parlament wurde das Modell als eine große Chance in der schwierigen Zeit gesehen. Die österreichische Nationalbank setzte dem „Wunder von Wörgl“ dann aber kurzerhand ein Ende. 70 Jahre nach Wörgl experimentieren mittlerweile über 2.500 Initiativen weltweit mit Regionalwährungen. Grund ist die wachsende Einsicht, dass viele globale Probleme nicht global, sondern nur regional gelöst werden könnten.

 

Letztendlich werde der Verbraucher über sein Einkaufsverhalten den Erfolg von regionalen Währungen wie des Sterntalers entscheiden. Wenn die Schnäppchenjagd immer mehr zum Volksport Nummer eins werde, müsse dies Auswirkungen auf die regionalen Arbeitsplätze haben. Zum Schluss gab Galler seiner Zuversicht Ausdruck, dass es zu einer regionalen Gegenbewegung kommen und der Sterntaler dabei zu einem Symbol für unsere Region werden könne. Denn der Sterntaler-Gutschein dokumentiere eindeutig regionales Einkaufsverhalten. Oft höre er den Einwand, dass jeder auch mit dem Euro regional einkaufen könne.

 

Der Clou beim Sterntaler sei laut Galler aber vor allem, dass durch Zahlen mit diesem Gutschein automatisch ein regionales Einkaufsverhalten beim Empfänger ausgelöst werde. Nähere Informationen über den Sterntaler gibt es unter den Internetadressen: www.star-mach-mit.com oder www.sterntaler-regional.de. Bei der anschließenden Diskussionen sprachen sich die anwesenden Grünen-Mitglieder nachdrücklich für den Sterntaler aus. Dieses Regionalgeld können einen wertvollen Beitrag zur Stärkung der regionalen Wertschöpfung leisten, war der einhellige Tenor.