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Forstmann Zimmer tritt gegen Müllermeister Ramsauer an

Spannende Kür: Bernhard Zimmer ist Bundestagskandidat der Grünen. Es knisterte etwas zwischen den versammelten Grünen aus Traunstein und Berchtesgaden. Beide Landkreise bilden den Wahlkreis 226 für die Bundestagswahl und somit ist ein gemeinsamer Kandidat zu küren. Dieses mal gab es zwei Bewerber: Sepp Hohlweger aus Rupolding und Bernhard Zimmer aus Piding stellten sich und ihr Programm in Neukirchen vor. Am Ende hatte Zimmer die Nase vorn.

Lag das Vorschlagsrecht diesmal bei den Grünen aus dem Berchtesgadener Land, wie Vorsitzender Franz Eder meinte, oder sei diese „Tradition“ nirgends festgeschrieben wie sein Pendant Hans Dandl feststellte? Ein Fauxpas des Traunsteiner Kreisverbandes sorgte für zusätzlichen Zündstoff. Der hatte auf seiner Internetseite Hohlweger bereits als Kandidat bezeichnet. Jedenfalls hatten beide Kreisverbände mobil gemacht, um möglichst viele Parteimitglieder zur Nominierungsversammlung zu bringen. Mit jedem Neuankömmling wurde sichtlich taxiert, wie sich die Mehrheitsverhältnisse entwickeln. Bei Versammlungsbeginn war der Saal im Gasthof Post voll.

Dr. Bernhard Zimmer ist ein 61er Jahrgang, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er hat Forstwirtschaft studiert und ist seit 2001 Professor an der Fachhochschule in Kuchl. Mit dabei ist er im Naturschutz-Lehrteam des Deutschen Alpenvereins und seit Mai 2008 im Gemeinderat in Piding, dort auch dritter Bürgermeister. „Ich habe mich sehr gefreut über das Angebot zur Kandidatur“, sagte er. Für sich sieht er die Schwerpunkte in der Land- und Forstwirtschaft. Hier gehe es zwar um lange Zeiträume, meinte Zimmer, aber „man muss schon ein Bild im Kopf haben, was raus kommen soll“. Wichtige Argumente für ihn: „Dieser Bereich dient der regionalen Wertschöpfung und 400.000 Waldbesitzer allein in Bayern sind ein Potential für uns Grüne.“ Zimmer kritisierte die Förderung von Großsägewerken, die vergleichsweise wenig Arbeitsplätze schafften, aber viele andere zerstörten. „Nachhaltige Entwicklung von A bis Z“, forderte er, „grüne Produkte, die nicht nur grün gerechnet werden.“ Es seien immer noch „die gleichen alten Konzepte“, beklagte der Forstmann: „Konjunkturprogramm heißt zuallererst Straßenbau; erst später kommen dann Bildung und Schulen.“ Zimmer zur aktuellen Diskussion über den Ausbau der A8: „Uns droht eine wunderbare Autobahn; was die dort planen, da tränen euch die Augen.“

Sepp Hohlweger ist 45 Jahre alt, auch er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist Landwirt, bietet Ferienwohnungen an und ist Vorsitzender des oberbayerischen Ziegenhalterverbandes. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag ist seit vielen Jahren engagiert im Forum Ökologie und er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Regionalvermarktungsgesellschaft  Region Aktiv. Anders als Zimmer wählte er eine recht breite Themenpalette. „Die Kapelle spielt, während das Schiff untergeht“, verglich er die derzeitige Finanzkrise mit der Geschichte der Titanic. „Hier werden Rettungswesten verteilt; die Manager aber sitzen schon in den Booten.“ Auch er kritisierte „die Rezepte des letzten Jahrtausends: Straßenbau und Kohlekraftwerksbau; und dazu werden den Dreckschleudern noch die Verschmutzungsrechte hinterher geworfen.“ Umwelt- und Energietechnik sind für ihn die Konjunkturlokomotiven der Zukunft. Er ist überzeugt: „Aktiver Klimaschutz bedeutet Arbeitsplätze.“

In der Verkehrspolitik läuft für Hohlweger sehr viel falsch: Flugverkehr ist teilweise steuerbefreit, bei der Pendlerpauschale fehle die ökologische Komponente und mit Steuergeldern würden nach wie vor Firmenwagen, also die schweren Spritschlucker, gefördert. Er verlangt: „Die Bahn darf nicht privatisiert werden, sie gehört uns allen.“

Noch etwas ist ihm aufgefallen: Für das Verschrotten von Altautos gibt es 2.500 Euro, für ein Kind nur 100 Euro. Seine Frage daher: „Welchen Stellenwert hat die Familie in unserem Land?“.

Landwirtschaft und Tourismus sieht Hohlweger in unserer Region untrennbar verbunden. Der ländliche Raum müsse gestärkt werden, denn sonst gäbe eine weitere Abwanderung hin zu den Ballungsräumen.

Für Bartl Wimmer, der selbst schon für den Bundestag kandidiert hatte, war Hohlwegers Themenliste doch „eher ein Gemüseladen“. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir zuspitzen und emotionalisieren.“

So ähnlich sieht das auch Michael Hüller: „Die Bürger müssen begeistert werden. Der Ramsauer ist ein guter Rethoriker, besser als ihr beide.“ Für Hohlweger ist der  Müllermeister Peter Ramsauer dagegen ein „Heißluftbläser“, den man „in die Enge treiben kann.“ Bernhard Zimmer würde sich über eine Diskussion mit dem Direktkandidaten der CSU freuen: „Das hätte hohen Unterhaltungswert“.

35 Parteimitglieder aus Traunstein und 33 aus dem Berchtesgadener Land stimmten schließlich in geheimer Wahl darüber ab, wer gegen Ramsauer und Kofler (SPD) antreten darf. Bei einer Enthaltung votierten 31 für Hohlweger und 36 für Zimmer. Und der zeigte sich motiviert und angriffslustig: „Ich freue mich auf einen spannenden Sommer“.

Hans-Jörg Mooslechner (3. von rechts) erklärte Interessierten die Funktion der Regenwasserzisterne. Rechts im Bild: 2. Bürgermeister Franz Eder.
Bundestagskandidat Prof. Dr. Bernhard Zimmer (rechts)
Symbolik im Gasthausfenster: Sepp Hohlweger (links) musste Bernhard Zimmer die Vorfahrt lassen zur Bundestagskandidatur.