|   Teisendorf

Grüne für Verringerung des Antibiotikaeinsatzes

Für eine deutliche Verringerung des Einsatzes von Antibiotika in der Medizin und der Tiermast haben sich anläßlich einer Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Antibiotika – Fluch und Segen“ die beiden Referenten, sowie zahlreiche Diskussionsteilnehmer ausgesprochen.

Der Tierarzt Dr. med. vet. Maximilian Steinmaßl ging in seinem Referat zunächst auf die Entdeckungsgeschichte von Antibiotika ein. Das erste Antibiotika, Penicillin wurde 1942 zum ersten Mal in der Therapie einer bakteriellen Infektionskrankheit eingesetzt. Seither haben diese Arzneimittel einen regelrechten Siegeszug angetreten. Während bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts Infektionskrankheiten noch die häufigste Todesursache gewesen wären, habe der Einsatz von Antibiotika diese Todesursache deutlich verringert. In jüngster Zeit nehme allerdings die Zahl von bakteriellen Keimen, die gegen Antibiotika resistent sind, deutlich zu. Ein Grund dafür sei der massenhafte Einsatz von Antibiotika bei der Tiermast.

Bedenklich sei dabei, dass der Einsatz sogenannter Reserveantibiotika deutlich zugenommen habe. Diese Reserveantibiotika würden eigentlich dringend in der Humanmedizin benötigt, um bei zunehmender Antibiotika-Resistenz überhaupt Antibiotika zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen einsetzen zu können. Bedenklich sei auch, dass immer häufiger resistente Keime aus Fleischproben von Schwein, Pute und vor allem Hähnchen nachgewiesen werden. Für Steinmaßl wäre es dringend geboten, Maßnahmen zur Verringerung der Antibiotikamenge in der Tiermast zu ergreifen. Neben einem Verbot für Reserveantibiotika in der Tiermast wäre etwa die Verwendung von robusteren Rassen und eine Verkleinerung der Gruppengrößen anzustreben, sowie eine Tierhaltung abhängig von der Größe der landwirtschaftlichen Fläche.

Der Internist Dr. med. Andreas Neubauer hob hervor, daß auch in der Humanmedizin zu viel Antibiotika verwendet würden. Bei Erkältungskrankheiten könne meist auf die Gabe von Antibiotika verzichtet werden, weil Antibiotika nur bei bakteriellen Infekten wirkten. Bei viralen Infekten mache die Gabe von Antibiotika keinen Sinn. Die Ärzte wären oft aber in einer Art Zwickmühle, weil viele Patienten nach einem Arztbesuch auch ein Rezept erwarteten.

Bedenklich sei aber, dass in Deutschland in der Tiermast eine fast doppelt so viel große Menge an Antibiotika verwendet würde wie in der Humanmedizin.

Auch Neubauer beklagte die enorme Zunahme von Antibiotika Resistenzen bei bakteriellen Keimen. Dabei gebe es einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Art der Tierhaltung und der Häufigkeit von resistenten Keimen. In der Schweinemast könnten in Ställen mit mehr als 5.000 Tieren in mehr als 70 Prozent der Herden Antibiotika resistente Keime nachgewiesen werden. Dagegen wären bei ökologischer Tierhaltung nur in 13 Prozent der Herden Antibiotika resistente Keime nachzuweisen. Für Neubauer ist daher klar: Um die Wirksamkeit von Antibiotika auch künftig zu gewährleisten, müsse der Einsatz der Mittel in der Humanmedizin wie in der Tiermast verringert werden.

Grünen-Kreistagsfraktionschef Dr. Bartl Wimmer wies darauf hin, dass die Existenz von Antibiotika resistenten Keimen dem deutschen Gesundheitswesen Milliarden an Kosten verursache. Dass bakterielle Keime auf den Einsatz von Antibiotika mit der Ausbildung von Resistenzen antworteten, sei ein Grundprinzip der Evolution. Wenn der Konkurrenzdruck auf die Keimarten durch eine Verringerung des Einsatzes von Antibiotika nachlasse, würden auch die Resistenzen nachlassen. Es gebe bereits einige Beispiele von Keimen, bei denen sich nach Aussetzung des Einsatzes von Antibiotika die Resistenzen bei den betreffenden Keimen zurückentwickelt hätten.

Der Teisendorfer Grünen-Ortsvorsitzende Edwin Hertlein bedauerte in Vertretung der kurzfristig wegen einer Erkrankung verhinderten Grünen-Landtagsabgeordneten Gisela Sengl, dass ein Grünen-Antrag im Bayerischen Landtag zum Verbot des Einsatzes von Reserveantibiotika in der Tiermast von der CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag abgelehnt worden sei.

Hertlein machte sich dafür stark, dass bei der Genehmigung von Tiermastbetrieben ab einer bestimmten Größenordnung das Landwirtschaftsprivileg ausgesetzt werden solle. Eine „Tierfabrik“ mit vielen tausenden Mastplätzen sei für ihn kein bäuerlicher Betrieb mehr. Deshalb sollten solche Mastställe wie ein Gewerbebetrieb behandelt werden. Die Entwicklung hin zu einer „agrarindustriellen Produktion“ müsse unbedingt gestoppt werden. Zwar gebe es im Berchtesgadener Land noch längst keine „niedersächsischen Verhältnisse“. Allerdings habe ein Antrag auf Errichtung eines Putenmaststalles für 9.000 Puten im Teisendorfer Ortsteil Hörafing im letzten Jahr gezeigt, daß eine solche Entwicklung auch im Berchtesgadener Land „vor der Tür stehe“.