|   Teisendorf

Frauen- und Familienpolitik in Teisendorf

Die Landtagskandidatin der Grünen, Claudia Stamm, referierte in Teisendorf zum Thema Frauen- und Familienpolitik. Ortsvorsitzender Peter Beisser begrüßte die Kandidatin in Teisendorf und verwies auf ihr besonderes Interessengebiet im Bereich von Familie und Gleichstellung.

Claudia Stamm ist Mutter von zwei Kindern und eine „Quereinsteigerin“ in die Politik. Natürlich hat ihre Mutter, Barbara Stamm, zu ihrem politischen Engagement beigetragen, sie hat indes ihren eigenen Weg eingeschlagen und stellt eine erfrischend bevölkerungsnahe Variante des „Berufspolitikers“ dar, der seit einigen Jahren die Politikverdrossenheit im Lande nährt. Der Abend mit Claudia Stamm versprach also interessant zu werden.

In zu knappen zwei Stunden entstand eine lebhafte Diskussion um Kinderbetreuung, Geschlechtergleichstellung, sowie um die Bedeutung von Mindestlohn für Familien. Claudia Stamm betonte, dass Frauenpolitik nicht isoliert betrachtet werden kann, da sie Aspekte in allen politischen Bereichen beeinflusst, sei es nun in Wirtschafts- oder Steuerpolitik. Anschaulich schilderte sie die gesellschaftspolitischen „Ist-Zustände“ und Entwicklungen, auf welche die Politik in Zukunft wird reagieren müssen.

Frau Stamm sprach dabei gleich das Thema des Ehegattensplittings an, das sie für eine reine Subventionsmaßnahme für die Ehe hält, aber nicht speziell die Familien fördere. Vielmehr sollen Familien gefördert werden, und dazu zählten genauso Familien in denen die Partner ohne Trauschein lebten. Der Tenor ihrer Rede verwies immer wieder auf die Förderung von Kindern, völlig unabhängig von der jeweiligen familiären Situation in der sie lebten.

Auch das klassische Thema der Gleichstellung von Mann und Frau sei noch lange nicht vom Tisch. In Deutschland gebe es seine „gefühlte Gleichberechtigung“ die sich aber leider in keiner Weise belegen lasse. De facto verdienen Frauen 24% weniger als ihre männlichen Kollegen, Frauen mit Kindern sogar noch mal um 10% weniger als ihre kinderlosen Kolleginnen. Im Niedriglohnsektor sieht es noch düsterer aus. Jede dritte Stelle wird von einer Frau besetzt, wohingegen nur jede zehnte von einem Mann besetzt ist. In England, so Frau Stamm, hätten bei der Einführung des Mindestlohns gerade die Frauen profitiert. Das Selbstverständnis der Frauen muss gestärkt werden, aber nicht gegen die Männer, so wie die frühen emanzipatorischen Bewegungen agierten, sondern mit ihnen. Das sich abzeichnende neue Familienbild, in dem sich auch der Vater Kinderzeit nehmen könne und nicht immer nur die Frau aus dem Beruf ausscheiden müsse, sollte gestärkt werden. Auch Männer wollen gerne Zeit mit ihren Kindern verbringen. Eine Stärkung der Frauen in der Wirtschaft ist auch gleichzeitig eine Stärkung des Mannes in der Familie.

Claudia Stamm verwies auf Skandinavien als Vorbild. Dort seien die Ausgaben für Kinderbetreuung in genau dem umgekehrten Verhältnis wie in Deutschland. Bei uns werden in die Infrastruktur 30% der Ausgaben gesteckt und 70% in Kindergeld. Eine einfache Umkehrung des Verhältnisses, so Claudia Stamm, würde schon für eine Verbesserung sorgen. Die Kindergartengruppen wären kleiner, die Betreuung dadurch besser, die soziale Kompetenz der Kinder würde gestärkt und das Berufsbild der Kinderpfleger aufgewertet. „Es kann einfach nicht sein, dass ein Tierpfleger mehr bezahlt bekommt als ein Kinderpfleger – das ist ein Unding!“ ärgerte sich Frau Stamm.

Einen heißen Diskurs gab es über diese vermeintliche „Zwangsbeglückung“ mit Hortplätzen für die Kleinsten, was eine Zuhörerin einwarf. Es gibt durchaus noch die Mutter, die bei ihren Kleinkindern zu Hause bleiben möchte, soll diese jetzt durch die angestrebte Kürzung von Kindergeld dafür bestraft werden?

Claudia Stamm bemerkte, dass die Grünen keinesfalls die klassische Familie „bestrafen“ wollen, sondern lenkte die Aufmerksamkeit ihrer Diskussionspartner auf die sich deutlich abzeichnende Situation in den Familien. Unbestreitbar ist das klassische Familienmodell im Schwinden begriffen, und ganz gleich, ob man nun persönlich die eine oder andere Variante des Familienlebens praktiziere, wäre Politik dazu verpflichtet, sich in den Dienst des Bürgers zu stellen. So meinte Claudia Stamm sei es unglaublich, dass eines der reichsten Länder der Welt nicht in der Lage sei, genügend Kindergarten- und Hortplätze zur Verfügung zu stellen. Auch wenn in manchen ländlichen Gebieten, wie beispielsweise in Teisendorf, der Prozentsatz an allein erziehenden Eltern nicht so hoch ist wie in Ballungsräumen, so müsste man es dennoch bewerkstelligen können, überall Betreuungsplätze zu sichern. Auch Familien, die auf einen doppelten Verdienst angewiesen sind, sind keine Seltenheit. Frau Stamm meinte, dass die Qualität der mit den Kindern verbrachten Zeit ausschlaggebend sei, nicht die Quantität.

Edwin Hertlein erinnerte aber auch daran, dass viele Entwicklungen, auch wenn sie sich bereits abzeichneten, Zeit bräuchten um gesellschaftsfähig zu werden. Als Beispiel nannte er die Ganztagesschule, die in Teisendorf mit viel Erfolg eingeführt worden ist. „Noch vor zehn Jahren“ so Hertlein“ wäre es unmöglich gewesen im Gemeinderat eine Diskussion über eine Ganztagesschule zu führen.“

Auch die viel Jahre lang immer wieder aufkommende Bitte nach einem Kommunalen Jugendpfleger wurde von den Anwesenden besprochen. Ein Schulsozialarbeiter sei bereits angefordert, aber bisher nicht genehmigt worden, so Hertlein. Bei der Abwägung von Verantwortungen und staatlicher Unterstützung bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen gemahnte Claudia Stamm, dass “der Staat nicht alleine dazu da ist die Kinder zu sozialisieren, sondern auch die Familien.“

Dabei nahm Claudia Stamm die Politiker selber auch in die Pflicht. Sie hätten auch eine Vorbildfunktion in unserer Gesellschaft zu erfüllen. Eine neue politische Kultur müsse sich etablieren. Dabei habe sie ihre Mutter auch immer als Vorbild genommen, die in ihrem Umgang mit den Menschen ehrlich und bürgernah sei. Auch Claudia Stamm ist eine ernsthafte und authentische Frau, die an dem Abend in Teisendorf ehrliches Engagement für ihre Anliegen bewiesen hat.