Erstellt von Hannes Höfer | |   Saaldorf-Surheim

Wie umweltbewusst ist die Gemeinde Saaldorf-Surheim?

Grüne sehen Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit – „Normalstrom ist Atomstrom“ – Kritik am Flussdialog

Vor dem Sitzungssaal des Saaldorfer Rathauses hängt eine Urkunde des bayerischen Umweltministers. Eine „Auszeichnung in Gold“ hatte die Gemeinde im Jahr 2002 im Rahmen der Aktion „Umweltbewusste Gemeinde“ erhalten. Grünen-Gemeinderat Norbert Höhn erinnerte im Rahmen einer Ortsversammlung an dieses Lob von höchster Stelle. Und heute? Eine knappe Mehrheit im Rat entschied sich vor Kurzem für den Bezug von „Normalstrom“ anstatt „Ökostrom“ (wir berichteten). Kritik übten Mandatsträger und Gäste ebenso am sogenannten „Flussdialog“ zur Zukunft der Salzach. „Vom Ansatz her schräg“ nannte Kreisvorsitzender Dr. Bernhard Zimmer das Online-Verfahren. Leider seien sowohl er als auch sein Kollege Hans Bamberger am Tag der Sitzung auswärts und daher verhindert gewesen, bedauerte Norbert Höhn. Denn mit ihren beiden Stimmen hätte der Ökostrom im Gremium eine Mehrheit erhalten. Das Abstimmungsergebnis wolle er selbstverständlich akzeptieren und nicht in Frage stellen, betonte Höhn ausdrücklich. Was er kritisiere sei die Tagesordnung, aus der eben nicht ersichtlich gewesen war, dass es um eine solche Entscheidung gehen werde. „Normalstrom ist Atomstrom“, formulierte Bernhard Zimmer seine Sicht, denn darin seien mindestens 20 Prozent Kernenergie enthalten. Der Bundestagskandidat der Grünen hegt Zweifel, ob denn – wie häufig behauptet – Ökostrom die Kommunen tatsächlich teurer käme als Normalstrom. Zimmer gab zu Bedenken, ob nicht Energieversorgung als Grundversorgung in die Hände der Städte und Gemeinden kommen solle. Entgegen bisheriger Tendenzen, möglichst viel aus der Hand zu geben. Zimmer erinnerte an das Klimaschutzkonzept des Landkreises und an dessen Ziel, sich im Jahr 2030 zu hundert Prozent mit regenerativer Energie zu versorgen. Skeptisch sein Blick auf den sogenannten „Flussdialog“, in dem sich Bürger der Anliegergemeinden derzeit zur Zukunft der Salzach äußern können. Allerdings nur per Internet. „Das geht nicht. Damit schließe ich etwa ein Viertel der Bevölkerung von einer Befragung aus.“ Ausgeschlossen seien ebenso alljene, die ihren Wohnsitz nicht am Fluss haben. Man rede hier von FFH-Gebiet und von Biosphärenreservat, erinnerte Zimmer, also Fragen von überregionaler Bedeutung. „Vom Ansatz her schräg“, beschrieb der Kandidat das Procedere, „nicht zuletzt sind die Fragen sehr suggestiv und schon deshalb grenzwertig“. „Das Thema ist derart komplex“, meinte Grünen-Gemeinderat Hans Bamberger, „es ist von Fachleuten jahrelang untersucht und verhandelt worden. Für den Normalbürger ist das nicht überschaubar.“ Norbert Höhn will darin eher „Stimmungsmache“ erkennen, um eine vermeintliche Mehrheit hinter dem Ziel Kraftwerksbau zu vereinen. „Das ist nicht die Bürgerbeteiligung, die wir uns wünschen“. Höhn vermutet nicht zuletzt den Wunsch nach Gewerbesteuereinnahmen dahinter. Bernhard Zimmer verglich das Verfahren mit dem „Autobahndialog“ entlang der A8: „Man lässt die Bürger arbeiten. Entschieden aber wird auf ganz anderer Ebene“. Johann Hafner zählt seit Jahren zu den größten Kritikern der Salzachsanierung und wird nicht müde, vor der drohenden Austrocknung der Au zu warnen. Was ihn vor allem erzürnt, ist der mögliche Verlust von Auwald. „65 Hektar könnten es allein auf bayerischer Seite sein“, hat er auf Grund der von der Wasserwirtschaft festgelegten Ausbreitungslinien errechnet. Er glaubt, mit einem Kraftwerk ließe sich einerseits der Grundwasserspiegel wieder anhaben, anderseits ein wirksamerer Hochwasserschutz erreichen. „Man ist ebenso wie beim Bau der B20 über uns hinweg gegangen“, beklagt der Auwaldbesitzer aus Reit. „Wieder ein Beispiel wie mit Betroffenen umgegangen wird“, unterstütze ihn Bernhard Zimmer, dem freilich das bislang vorgestellte Kraftwerks-Konzept der ÖBK zu wenig sei. „Außer ein paar Power-Point-Bildern liegt nichts am Tisch.“ Eindeutig für das bisherige Konzept der Salzachsanierung plädierte Notker Mallach. „Man gibt dem Fluss mehr Raum. Und die Waldbauern werden dann entschädigt, wenn ihr Boden tatsächlich vom Fluss mitgenommen wird.“ Das könnte möglicherweise erst in 50 oder 60 Jahren der Fall sein. Im Übrigen würde auch bei einem Kraftwerksbau die Au auf Salzburger Seite großflächig zerstört, wusste Norbert Höhn zu berichten, bräuchte es doch eine zeitweise Umleitung des Flusses. Johann Hafner blieb bei seiner Kritik: „Heute darfst du kein Schneeglöckerl ausreißen. Wenn die Fläche aber hektarweise verschwindet, ist das in Ordnung.“ Die Surheimer Jugend, die sich während der Ortsversammlung zahlreich in der angrenzenden Gaststube eingefunden hatte, ist noch nicht bei der Energiewende angelangt. Sie skandierte in Richtung Grüne: „Surheim braucht ein Kernkraftwerk.“