Erstellt von Hannes Höfer | |   Saaldorf-Surheim

Mit Ortsentwicklung für die Zukunft planen

Landschaftsarchitekt Hannes Krauss über Bürgerbeteiligung und Marktgesetze

Norbert Höhn nennt es „teilweisen Wildwuchs“. Dem Grünen-Gemeinderat fehlt in Saaldorf-Surheim der „große Plan“. Immerhin starte nun auf Initiative der Grünen das Projekt Ortsentwicklungskonzept.

Norbert Höhn nennt es „teilweisen Wildwuchs“. Dem Grünen-Gemeinderat fehlt in Saaldorf-Surheim der „große Plan“. Immerhin starte nun auf Initiative der Grünen das Projekt Ortsentwicklungskonzept. Anlass für die Orts-Grünen, sich einen ausgewiesenen Fachmann einzuladen, um über Grundsätzliches und Planungsschritte zu sprechen, vor allem aber auch über Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Der Laufener Landschaftsarchitekt Hannes Krauss bringt einiges an Erfahrung mit in Sachen Bauleitplanung und Entwicklungskonzepte. Er plädiert einerseits für eine starke Bürgerbeteiligung, die Praxis aber habe ihn nicht selten enttäuscht. Grundsätzlich sei der Freistaat planerisch recht gut strukturiert, anerkennt Hannes Krauss. Der Laufener ist mit diesen Themen ständig konfrontiert, steht er doch beruflich auf drei Beinen. Er ist sowohl selbstständiger Landschaftsarchitekt, als auch Gebietsbetreuer am Chiemsee. Daneben arbeitet er noch stundenweise an der Akademie für Natur und Landschaftspflege in Laufen. Fünf Jahre war er als Dozent an der Fachhochschule im schweizerischen Rapperswil nahe Zürich tätig. „Ein Flächennutzungsplan – parzellenscharf – gibt Planungssicherheit“, betonte Krauss. Dessen Vorgaben seien für die Behörden verbindlich, nicht aber für den Bürger. Dies geschehe erst mit dem nächsten Schritt, dem Bebauungsplan. Die relative Gleichförmigkeit der Siedlungen, die sich landauf landab um den Ortskern ausbreiten, enttäuscht den Planer. Ihm fehlen gestalterische und soziale Strukturen, Stichwort Dorfladen. „Ohne Seele werden einfach Wohnhäuser aneinandergereiht“, beklagte Krauss, ohne hierfür Lösungen anbieten zu können, wie er gesteht. Bestandteil des Flächennutzungsplanes ist immer auch ein Landschaftsplan. Auch hier zeigt sich der Landschaftsplaner Krauss „ein bisschen desillusioniert“. Ein „heißes Eisen“ dabei sei das Thema Ausgleichsflächen. „Ich muss anderswo Natur aufwerten“. Rechtlich unverbindlich, aber kreativer und visionärer zeigten sich sogenannte Orts-, Dorf- oder Gemeinde-Entwicklungskonzepte. „Sie können wertvolle Anregungen liefern und in die Planung einfließen“. Der Architekt plädiert dabei für eine wirklich umfassende Bürgerbeteiligung, nicht bloß „08-15“. Stärken und Schwächen einer Kommune müssten analysiert werden, und die Frage geklärt: „Was wollen die Bürger?“ Die Inhalte solcher Konzepte gingen viel weiter als etwa der Flächennutzungsplan, es gehe nicht zuletzt um eine Vernetzungen verschiedenster Aspekte, um die Gestaltung von Straßen und Plätzen, die Betonung örtlicher Besonderheiten, um Grünräume und Ortsdurchfahrten, um Zusammenleben von Jung und Alt, aber auch um den öffentlichen Personennahverkehr. Mit Infoabenden und Workshops sollte solche Projekt mehrstufig angelegt werden. „Eine Gemeinde wäre dumm, würde sie ihre Bürger nicht 'abholen“, meinte Krauss, warnte aber zugleich vor „Wutbürgern“, also jenen, die einfach nur gegen etwas seien und nicht konstruktiv mitwirkten. Es gebe jedoch Beispiele von Bürgerbeteiligung, wo es Bürgermeister und Verwaltung eigentlich gar nicht wollten, wo die Kommune nicht wirklich dahinterstand. Der Einsatz und das Engagement der Bürger verpuffe dann und ein gewisses Ohnmachtsgefühl mache sich breit. Häufig entschieden letztlich die Gesetze des Marktes über die weitere Entwicklung eines Ortes oder einer Stadt, musste Krauss erfahren. Permanente Änderungen aber konterkarierten einen Flächennutzungsplan. Gleichwohl gebe es Stimmen gegen die Neuaufstellung eines Flächennutzungsplanes in der Gemeinde, berichtet Grünen-Gemeinderat Hans Bamberger. Das Argument: Lege man seine Konzepte offen, würde das Spekulanten und Investoren auf den Plan rufen. Der geltende Flächennutzungsplan sei inzwischen 25 Jahre alt und rund 25 Mal geändert worden, erklärte sein Kollege Norbert Höhn, eine Neuaufstellung daher überfällig. Schlussendlich könnte auch das Landratsamt eine Gemeinde zur Neuaufstellung anstatt permanenter Änderungen verdonnern, informierte Krauss und warnte: „Manche brauchen dafür sieben Jahre. Dann aber ist bereits wieder manches veraltet.“ In Saaldorf-Surheim wird sich der neu gewählte Gemeinderat mit dem Gemeinde-Entwicklungskonzept beschäftigen. Ob daraus ein neuer Flächennutzungsplan entsteht, ist noch nicht entschieden.

Hannes Kraus
Hannes Kraus, Notker Mallach