Erstellt von Hannes Höfer | |   Saaldorf-Surheim

Kritik wegen Verteuerung der Mehrzweckhalle: "Berliner Verhältnisse"

Scharfe Kritik an der imensen Verteuerung der Surheimer Mehrzweckhalle. Haushaltssitzung: Kein Pressevertreter anwesend.

„Die Ratsmitglieder reden sich den Mund fransig, aber keiner erfährt's“, beklagte Gemeinderat Norbert Höhn in der Ortsversammlung der Bündnis-Grünen. Ausgerechnet in der wichtigsten Gemeinderatssitzung des Jahres, der Haushaltssitzung, war merkwürdigerweise kein Vertreter der Presse anwesend. Das war nicht die einzige Kritik in der Versammlung: Die massive Verteuerung der Surheimer Mehrzweckhalle nannten die beiden Grünen-Gemeinderäte einen Schock. Für Ortsvorsitzenden Hand Weiß ist unverständlich, weshalb sich Surheim mit der neuen Durchgangsstraße zusätzlichen Verkehr in den Ort hole.

„Mich ärgert insgesamt, dass so wenig in der Öffentlichkeit ankommt“, gestand Norbert Höhn. Aber gerade in dieser so wichtigen Haushaltssitzung habe man intensiv und heftigst diskutiert. Was die Bürger – noch dazu verspätet – davon erfuhren, war eine Kurzfassung des Gemeindeprotokolls; welches generell als Ergebnisprotokoll konzipiert ist, also nicht die Redebeiträge der Ratsmitglieder wiedergibt. „Stattdessen schimpft man auf uns, weil wir Themen nach außen tragen“, so Höhn. Schon zu Bürgermeister Rotts Zeiten sei alles auf Harmonie getrimmt gewesen, bei Ludwig Nutz sei das nicht anders. „Man braucht bei uns ja keine Fraktionen. Und wir sind dann die Nestbeschmutzer, die die Harmonie stören.“ Entsprechende Kritik erwarten die beiden Grünen-Räte auch bei dem Thema Mehrzweckhalle. Die nämlich wird um 650.000 Euro teurer als zunächst geschätzt. „Das war ein Schock“, schilderte Höhn die entsprechende Nachricht in einer Ratssitzung, „im Größenvergleich hat das wahrlich Berliner Dimensionen“. Sein Kollege Hans Bamberger erläuterte den Versammlungsteilnehmern die Vorgeschichte. „Nach dem Brand im November 2009 witterte der BSC die Chance auf eine neue Halle“. Weil der Sportverein selbst aber nicht über die nötigen Mittel verfügt, kam nur die Gemeinde als Zahler in Frage. „Mit der ersten Schätzung von rund zwei Millionen Euro war klar: Das können wir uns nicht leisten.“ Mit einer abgespeckten Version sei man bei 800.000 € gelandet, nach Änderungs- und Ergänzungswünschen inklusive Keller habe die Schätzung bei 1,16 Millionen € gelegen. Eigenartigerweise hatte es dann bei der Sitzung zur Beschlussfassung geheißen: Die Kosten betragen 800.000 € netto. „Und dem haben wir zugestimmt“, erinnerte Hans Bamberger. Damit Zuschüsse des Landessportverbandes fließen, sei der Sportverein offiziell als Bauherr aufgetreten, die Gemeinde habe gleichsam gebürgt für die Investitionssumme. Diese Summe basierte auf einer – wie sich herausstellte – falschen Kostenschätzung des Architekten. „Man hätte zeitnah eine Kostenberechnung machen müssen“, erklärte Bamberger, „das aber ist nicht geschehen.“ „Man hat gebaut und gebaut, und nachdem 800.000 € dahin waren, festgestellt: Wir sind noch nicht fertig“. Erst der Bauleiter habe nachgerechnet und war schließlich auf 1,83 Millionen € gekommen. „Als Gemeinderat habe ich da ein sehr ungutes Gefühl“, gestand Bamberger, „wie gesichert sind solche Aussagen? Kann ich mich darauf verlassen?“ Kollege Höhn erinnerte an einen ähnlichen Fall aus jüngster Vergangenheit: Auch die Tribüne samt Überdachung am Surheimer Sportplatz war wesentlich teurer geworden als kalkuliert. Ob denn hier das Zusammenspiel der Beteiligten funktioniert habe, meldete Notker Mallach seine Zweifel an. „Über Ausgaben von fünf- oder zehntausend Euro diskutieren wir wochenlang – aber hier?“, verglich es Gemeinderat Bamberger mit weniger weitreichenden Entscheidungen. „Aber was wäre die Alternativen gewesen?“, fragte sein Kollege Höhn, „den Bau einstellen? Oder warten, bis wieder Geld da ist? Nein, weil es immer teurer werden würde.“ Als Mann vom Fach konnte sich Höhn Details nicht verkneifen: „Man hat Leitungen in neuen Beton gestemmt, anstatt die nötigen Lehrrohre vorzusehen“. Das sei nicht zuletzt deshalb verwunderlich, weil man allein 200.000 € für Fachbüros zur Detailplanung ausgegeben habe. „To Big Too Fail“, zitierte Bamberger ein Argument der Bankenrettung: „Zu groß, um zu scheitern“. - „Dann reden wir hier über des Kaisers Bart“, schüttelte Susanne Wustl den Kopf. „Nein“, widersprach Bamberger, „weil das nicht mehr passieren darf. Weil aufgearbeitet gehört, was falsch gelaufen ist.“ Lösen wolle man das Problem, indem man die Summe nicht im Haushalt 2013 kassenwirksam werden lässt, sondern sie auf zwei Haushaltsjahre verteilt. Norbert Höhn aber wollte nicht nur Schelte betreiben und hatte auch Positives zu berichten: „Die Gemeinde hat zwei neue Baugebiete ausgewiesen, eines in Saaldorf-Nord und die Spitzauerwiese in Surheim.“ Insbesondere Letzteres sei zu begrüßen, weil es mitten im Ort liege. Die Rathaussanierung sei eine Grünen-Anliegen gewesen, die werde jetzt ebenso angepackt wie ein Zukunftskonzept. Die stromfressenden Quecksilberdampflampen der Straßenbeleuchtung werden nach und nach durch sparsameres Gelblicht ersetzt. Einen Wunsch hat Höhn an die Gemeinde: Sie solle nicht auf einen großen Gewerbesteuer-Zahler setzen, sondern stattdessen auf kleinere Betriebe. Unzufrieden ist Ortsvorsitzender Hans Weiß. „Alle wollen eine Umgehungsstraße und dadurch den Verkehr raus bringen. Bloß unsere Gemeinde holt ihn sich in den Ort“. Aus seiner Sicht ist der Weg vom Abzweiger an der B 20 durch Surheim über die neue Straßenunterführung zum Anschluss an die B 304 bei Saaldorf eine Achse für den Durchgangsverkehr. „Das hätte man anders lösen müssen“, beklagte er diese Entscheidung. Tatsächlich sei eine Umfahrung überlegt worden, informierte Bamberger, die aber sei an „Grundstückseigentümern und Spekulationen“ gescheitert.

Dr. Bernhard Zimmer, Kreisvorsitzender und Bundestagskandidat der Grünen (l.) und der 2. Bürgermeister von Laufen, Franz Eder, unterhielten sich mit Standbetreiber Otto Wittscheck, der zusammen mit Eder für die Kontinuität des Wochenmarktes gesorgt hat. Foto: Alois Albrecht
Die neue Mehrzweckhalle in Surheim verteuert sich um über 600.000 Euro