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Grüne versuchen "Quadratur des Kreises"

"Die Zersiedelung entwertet unsere Kulturlandschaft", sagte Grünen Gemeinderat Norbert Höhn und präsentierte den Besuchern der Ortsversammlung umfangreiches statistisches Datenmaterial zum Thema Flächenverbrauch.

Grüne versuchen Quadratur des Kreises

Gewerbe und Wohnbebauung ohne Flächenverbrauch – Abwehr von „Totschlag-Argumenten“

Saaldorf-Surheim (höf). „Die Zersiedelung entwertet unsere Kulturlandschaft“, sagte Grünen-Gemeinderat Norbert Höhn und präsentierte den Besuchern der Ortsversammlung umfangreiches statistisches Datenmaterial zum Thema Flächenverbrauch. Allerdings sagte Höhn auch: „Wir müssen als Gemeinde Wohnbau- und Gewerbeflächen anbieten. Wir wollen keinen Stillstand haben.“ Nicht zuletzt das ausführliche Gespräch der Heimatzeitung mit Bürgermeister Ludwig Nutz zu diesem Thema war Anlass dieser Diskussion. Unzufrieden sind die Gemeinde-Grünen nach wie vor mit der Mehrheitshaltung in Sachen Jugendbetreuung. Umweltreferent Hans Bamberger dagegen attestierte eine positive Entwicklung hin zu einer umweltgerechten Energieversorgung in der Gemeinde.

Eine wirkliche Trendumkehr ist noch nicht festzustellen; nach wie vor werden in Bayern täglich 16,1 Hektar Freifläche zu Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt. In der Gemeinde Saaldorf-Surheim waren das in den Jahren 2000 bis 2004 109 Quadratmeter pro Tag. Mit der Ausweisung großer Gewerbeflächen dürfte sich dieser Wert in jüngster Zeit deutlich erhöht haben.

„Der Druck ist da“, gestand Gemeinderat Höhn. Äußere man Bedenken, dann komme rasch das „Totschlag-Argument Nummer eins: Arbeitsplätze“. Dagegen habe man „politisch kaum eine Chance“. Allerdings ist auch Höhn der Ansicht, dass die Gemeinde Flächen für Wohnen und Gewerbe anbieten muss. „Aber nicht eine Ausweisung um jeden Preis.“ Er lehnt eine „Planung auf Nachfrage“ ab. Die Gemeinde selber müsse vorausschauend gestalten. „Vor allem darf es keine Neuausweisung auf der grünen Wiese geben. Innenräume und Baulücken müssen genutzt werden.“ Dennoch hatten die beiden Grünen-Räte der Ausweisung von Helfau IV in Richtung Bahnlinie zugestimmt. „Weil es an vorhandenen Gewerbegrund anschließt“, so Norbert Höhn. Ein weiterer Grund: „Wir haben momentan nichts. Wir können nicht einfach dicht machen“.

Ortsvorsitzender Hans Weiß freilich kritisierte, dass Gewerbebauten in aller Regel ohne Keller gebaut würden. „Man könnte Platz sparen“, meinte er, „und es hätten jetzt nicht wieder gleich 28.000 Quadratmeter sein müssen.“

Dem Gewerbe folgt auch in der Gemeinde Saaldorf-Surheim der Wunsch nach neuen Wohnungen. „Wir brauchen für die Arbeiter und Angestellten auch Mietwohnungen“, unterstrich Höhn, denn andernfalls entstünde mit einer großen Zahl an Pendlern wieder zusätzlicher Verkehr. Sein abschließendes Fazit: „Wir sind mit unserem Wachstum an der Grenze des Vertretbaren.“

„Totschlag-Argumente“ erkennen die Gemeinde-Grünen auch bei anderen Themen. „Regenerative Energien! Als Grüner müsse man doch dafür sein“, sagte Dr. Notker Mallach, um sofort klar zu stellen: „Ich lehne eine Wasserkraftnutzung an der Salzach strikt ab.“ Auf bayerischer Seite gibt es dazu aktuelle Überlegungen (wir berichteten), die am kommenden Montag in Surheim vorgestellt werden. Mallach lobte ausdrücklich die laufenden Sanierungsmaßnahmen als positiv für die Flussdynamik und als ökologische Aufwertung für den Lebensraum Au. Um einen der letzten freien Flussabschnitte zu verbauen, wolle er auch den Hinweis auf saubere Energie und Klimawandel nicht gelten lassen. Er fragte: „Ist die Gesellschaft bereit, weniger Straßen zu bauen, weniger zu fahren und weniger Energie zu verbrauchen?“

Norbert Höhn warnte davor, sich in die „Ecke der Verhinderer“ drängen zu lassen. „Die Wasserwirtschaft hat sich bei dem Projekt Salzachsanierung etwas gedacht. Wir werden uns also sehr genau anschauen, was die zu den Kraftwerksplänen sagt.“

Ex-Gemeinderat Michael Ofensberger erinnerte daran, dass diese Wasserkraft-Diskussion bereits in seiner Amtszeit geführt worden war. Ihn hatte man im Wirtshaus schon mal als „blöder Obergrüner“ bezeichnet, weil er der Ansicht war und nach wie vor ist, dass der ökologische Schaden größer sei, als der Gewinn.

Der Verweis auf die Zuständigkeit der Eltern und das Lob einer „zugegeben hervorragenden Vereinsarbeit“ reicht für Norbert Höhn nicht. Er sieht auch die Gemeinde in der Pflicht und in der Verantwortung, für die Jugend etwas zu tun und entsprechende Konzepte zu erarbeiten. Bisher war kein Gemeinderat bereit, das Amt eines Jugendreferenten zu übernehmen. Dabei sei ein „Ansprechpartner in beiden Richtungen“ wichtig, so Höhn, sowohl für die Jugendlichen als auch für Vertreter der Politik und der Behörden. Notfalls könne das auch jemand aus der Verwaltung übernehmen. Er wünscht sich eine Wiederbelebung der Jugendvertretung in der Gemeinde und einen hauptamtlichen Jugendpfleger, der etwa acht bis zehn Stunden pro Woche tätig ist. Susanne Wustl verwies auf die zahlreichen Initiativen in der Nachbarstadt Freilassing, für die es vermutlich diverse Fördertöpfe gebe. „Wir dürfen uns da nicht abspeisen lassen“, forderte sie zielte gleich noch auf den vielstrapazierten Hinweis zur Vereinsarbeit. „Was machen die Vereine konkret für die Jugend über ihr eigenes Interesse hinaus?“ Hans Weiß jedenfalls will das Kostenargument nicht gelten lassen: „Unsere Gemeinde hat Geld.“

Im Großen und Ganzen zufrieden ist Gemeinderat und Umweltreferent Hans Bamberger. Eine Hackschnitzel-Heizung für Mehrzweckhalle und Kindergarten, ebenso für diverse Gewerbebetriebe, Pelletsheizungen in Privathäusern, dazu Fotovoltaik, „die aus zahllosen Dächern wächst“.- „Es entwickelt sich positiv und im Gemeinderat herrscht Konsens, dass dies alles Sinn hat“.

Er habe sich um das so wichtige „Energie-Monitoring“ bemüht; was bedeute, zunächst einmal zu prüfen: Wer braucht wie viel Energie? Wohin fließt welche Menge Wasser? Wo haben wir Verluste? Es gelte aber ebenso, dran zu bleiben und immer wieder zu schauen: „Was ist schon umgesetzt worden und was nicht?“

Im Übrigen dürfe heute die Frage nicht mehr lauten: „Können wir uns das leisten?“ Vielmehr: „Können wir es uns leisten, nichts zu tun?“ Hans Bamberger hat ein Ziel im Auge: „Langfristig muss die Gemeinde ihren Energiebedarf selbst decken.“

 

 

 

 

Keine Wohnbebauung auf der grünen Wiese“, fordert Gemeinderat Norbert Höhn.