Erstellt von Edwin Hertlein | |   Kreisverband

Denken, bevor der Bagger kommt

Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar: Der Flächenverbrauch in Bayern muss deutlich verringert werden. Wie Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann bei einem Vortrag im Hotel Bergheimat in Schönau am Königssee vor zahlreichen Besuchern erläuterte, ist der Freistaat, was den Flächenverbrauch angeht, deutschlandweit Spitzenreiter.

Täglich werde eine Fläche von 10 Hektar versiegelt. Pro Woche ergebe das eine Fläche von zwei durchschnittlichen Bauernhöfen in Bayern. Der Freistaat sei für die Hälfte des Flächenverbrauches in ganz Deutschland verantwortlich.

Freiwillige Vereinbarungen, wie das vor 17 Jahren gegründete „Bündnis zum Flächensparen“, hätten in der Vergangenheit den Flächenverbrauch nicht zu reduzieren vermocht. Wenn Politik eine bestimmte Entwicklung als Problem erkannt habe, müsse gehandelt werden. Deshalb schlagen Bündnis 90/Die Grünen eine verbindliche Reduzierung des Flächenverbrauches in Bayern auf 5 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2026 vor. Das würde im Übrigen genau dem entsprechen, was die Große Koalition in Berlin in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart und die Bayerische Staatsregierung auch für Bayern als Ziel ausgegeben habe. Erreicht werden soll das durch kommunale Flächenbudgets. Wie Hartmann weiter erläuterte, soll die Innenentwicklung künftig Vorrang vor der Außenentwicklung bekommen. Darüber hinaus gebe es aktuell mehr als 8.000 Hektar an unbebauten Gewerbeflächen in Bayern. Vor einer Neuausweisung von Gewerbegebiete sollten diese für Firmenansiedlungen genutzt werden. Auch im Wohnungsbau müsse umgedacht werden. Immer noch werde zu oft am wirklichen Bedarf vorbei gebaut. Während Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen in großer Zahl errichtet würden, werde in den Neubau von preiswerten Mietwohnungen kaum investiert. Was sich in Bezug auf den Flächenverbrauch ändern müsste, fasste Hartmann in einem „knackigen“ Leitspruch zusammen: Man müsse „Denken, bevor der Bagger kommt“. Grünen-Landratskandidat Dr. Bartl Wimmer ergänzte die Ausführungen Hartmann´s mit einem aus seiner Sicht positiven und einem negativen Beispiel aus dem Talkessel. Negativbeispiel sei die Bebauung des Triftplatzes. Obwohl ein Gutachten eine Überversorgung an Verkaufsflächen im Einzelhandel von 170 Prozent festgestellt habe, hätte das zuständige Gemeindegremium für eine weitere Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel gestimmt. Positivbeispiel sei die Bebauung des Areals des heutigen Haus der Berge gewesen. Obwohl der damalige Finanzminister Falthauser das Gelände nur unter der Voraussetzung verkaufen wollte, dass auf der Hälfte der Fläche großflächiger Einzelhandel angesiedelt werden könne, sei der Marktgemeinderat Berchtesgaden hart geblieben und habe aufgrund der ihm zustehenden Planungshoheit dieses Ansinnen abgewiesen. Im weiteren Verlauf des Abends kam natürlich auch das umstrittene Großhotel am Königssee zur Sprache.

Grünen-Bürgermeisterkandidatin Sabine Kruis betonte, dass Bündnis 90/Die Grünen nicht generell gegen ein Hotelprojekt an diesem Standort wären. Die derzeit vorliegenden Pläne wären aber weit überzogen. Man dürfe den jetzigen „Schandfleck“ nicht durch einen noch größeren „Schandfleck“ ersetzen, so Kruis. Die aktuelle Planung mit 450 Betten habe erhebliche Schwachstellen. Die bislang überbaute Fläche würde mehr als verdoppelt werden und die Höhe des Haupthauses würde die 2013 geplanten Wohntürme noch übertreffen. Auch sei eine weitere deutliche Zunahme des Verkehrs an diesem ohnehin schon neuralgischen Punkt zu erwarten. Die genaue Erschließung des Hotelareals sei völlig offen. Zudem stelle sich die Frage, wo die künftigen Mitarbeiter des Hotels untergebracht werden sollten. Es sei eine weitere Verschärfung auf dem ohnehin schon sehr angespannten Wohnungsmarktes im Berchtesgadener Tal zu erwarten. Gemeinderatskandidatin Margarethe Pfnür wies auf die noch offenen Fragen in Bezug auf die Hochwassersituation am Pletzgraben hin. Es sei noch völlig unsicher, ob es diesbezüglich eine Genehmigung durch das Wasserwirtschaftsamt gebe. Außerdem sei es aus ihrer Sicht den Gemeindebürgern nicht zuzumuten, die Kosten für den durch den Hotelbau vorgezogenen Ausbau des Pletzgrabens zu übernehmen.

 

 

Bartl Wimmer, Margarethe Pfnür, Sabine Kruis und Ludwig Hartmann (von links nach rechts) sprachen in Schönau über Flächenfraß und das geplante Großhotel am Königssee.