Erstellt von Hannes Höfer | |   Laufen

Grüne Kandidaten für den Chefsessel: „Mut zum Handeln“

Landratskandidat Dr. Bartl Wimmer und Bürgermeisterkandidat Michael Spitzauer stellen sich den Fragen

Michael Spitzauer will alle schaffen. An mehr als 1600 Haustüren im Laufener Gemeindegebiet hat er bereits geklingelt, etwa 900 Haushalte dürfen den Besuch des Grünen Bürgermeisterkandidaten noch erwarten. Ein solcher Haustürwahlkampf ist für Dr. Bartl Wimmer landkreisweit freilich nicht zu schaffen, aber auch der Landratskandidat hat bereits über 50 Veranstaltungen absolviert. Spitzauer und Wimmer präsentierten sich kürzlich gemeinsam im Laufener Gasthaus Greimel. Dass es dort Minute um Minute immer enger wurde, ist für Spitzauer ein klares Zeichen gegen die vielbeklagte Politikverdrossenheit.

„Frag die Grünen“ hatte der Ortsverband die Bürger aufgefordert. Nachhaltigkeit und Mobilität sollten an diesem Abend die Schwerpunkte sein, „plus alles was euch auf den Nägeln brennt“, wie Ortsvorsitzender Matthias Lutz jede thematische Begrenzung aufhob. Dass Ortsverband und Stadtratsfraktion in der letzten Wahlperiode viele Anstöße einbrachten, zeigte Lutz in einem kurzen Rückblick auf.

Der Laborarzt und Unternehmer Dr. Bartl Wimmer ist seit 35 Jahren in der Kommunalpolitik tätig. Er weiß: „Als Kreis- oder Gemeinderat kannst du viel fordern und beschließen. Doch wie wird es umgesetzt?“ Er und Spitzauer wollen „in diese Umsetzung kommen“, Spitzauer als Chef einer Stadtverwaltung, Wimmer als Leiter einer 400-köpfigen Behörde namens Landratsamt. Deren Selbstverständnis beurteilt Wimmer als „leicht mittelalterlich“, höchste Zeit es umzubauen in ein modernes Dienstleistungszentrum für die Bürger.

Für alle Bürger da zu sein, verspricht auch Michael Spitzauer. Mindestens einmal monatlich will er sich in einer Bürgersprechstunde deren Fragen stellen. „Wo wird Laufen in 15 oder 20 Jahren stehen?“, beschreibt der 53-jährige Leobendorfer die Ausgangsfrage seiner Überlegungen. Dabei aktuell im Vordergrund: Der Verkehr. Die Vorstellung, zwei hoch herausragende Trassen von Bahn und B 20 würden künftig die Gemeinde durchschneiden, gefällt Spitzauer nicht. Er hofft noch auf einen „gemeinsamen Weg, der alle zufriedenstellt.“ Der Kandidat macht aber auch unmissverständlich klar: „Ich lasse mich nicht vor den Karren der Umfahrungsgegner spannen und eine Null-Lösung ist keine Lösung.“ Gleich wie, was bleibt ist der Verkehr durch die Altstadt. Dieses Problem kann für Spitzauer allein mit einer Brücke im Süden Laufens gelöst werden.

Franz Eder erinnerte daran, dass die Grünen-Fraktion die Wiedereröffnung des Bahnhaltepunktes Gastag beantragt hat, „mit Parkplätzen und Radständern.“ Auch Spitzauer erwartet sich weitere Maßnahmen im öffentlichen Personen-Nahverkehr, die, wenn Autofahren auch nicht verzichtbar machen, so doch zumindest ein zweites Familienauto überflüssig.

„Alles wird aus der Sicht des Autos gedacht“, konstatiert Bartl Wimmer und erinnert daran, dass der Kreistag bereits 2001 mehrheitlich das Ziel eines klimaneutralen Landkreises bis zum Jahr 2030 beschlossen hat. „Zwölf Jahre ist genau nix passiert“, beklagt er, ehe 2013 ein Klimaschutzkonzept verabschiedet wurde. „Auf jedes öffentliche Dach muss eine PV- oder eine Solaranlage“, fordert Wimmer. Die Frage aus dem Publikum nach Wasserkraft an der Salzach beantwortet er so: „Jeder Einzelfall muss geprüft werden.“ Er würde bestehende Kraftwerke erneuern, lehnt die diskutierten Anlagen an Salzach und Saalach aber ab. „Energiewende heißt nicht, es wird alles und jedes gemacht.“

Neue Baugebiete nach Paragraph 13b noch kurz vor Torschluss im „Hauruckverfahren“ durchzudrücken, so wie es nicht nur Laufen gemacht hat, erscheint Spitzauer nicht der richtige Weg. Vorrangig müsse verdichtet werden und Leerstand erfasst. Nicht zuletzt seien Größen und Formen von Wohnbebauung zu überdenken. Dass mehr öffentlich gebaut werden müsse, steht für Bartl Wimmer außer Frage. In Berchtesgaden etwa gebe es kein Baurecht, wo nicht die Kommune „den Fuß in der Tür hat.“

Laufens Altstadt scheint vielen ein großes Anliegen. Hans Müller hat den Leerstand gezählt und kommt auf sieben Gebäude mit einer Kapazität von bis zu 50 Wohnungen. „Aus Palästen werden Ruinen“, sorgt sich der umtriebige Pensionist. „Die Verödung der Innenstädte ist ein Thema“, weiß auch Bartl Wimmer. Er empfiehlt professionelle stadtplanerische Konzepte am besten mit Leitbetrieben, „denn dann entsteht ein Sog.“ Peter Schuster wünscht sich ein Leerstandsregister, und vor allem mit den Leuten zu reden. Auch der Stadtrat ist überzeugt: „Wenn einer anpackt, entsteht ein Sog.“ Daneben könnte sich die Stadt über ein Vorkaufsrecht einen Zugriff ermöglichen. Spitzauer kann sich vorstellen, als Bürgermeister dabei eine Vermittlerrolle einzunehmen. Seine Vision: „Eine verkehrsberuhigte Altstadt, wo sich Fußgänger und Radfahrer wohlfühlen.“

In Sachen Denkmalschutz beklagt Bartl Wimmer die „unerträgliche Untätigkeit der zuständigen Behörden“. Bis erste Bußgelder verlangt würden, schreite der Verfall unaufhaltsam voran. Wenig hält der Landratskandidat auch von den Aktivitäten der EuRegio, die eigentlich grenzüberschreitend die richtigen Weichen stellen sollte. „Zweimal im Jahr gemeinsam Kaffeetrinken ist zu wenig.“ Verkehrsfragen ließen sich nur gemeinsam mit Salzburg lösen. Nicht auf Landkreisebene lösbar sieht Wimmer die Sorgen der Kliniken Südostbayern AG. Er war Mitglied des Aufsichtsrats dieses 4000-köpfigen Betriebes. Wimmer erinnerte, dass wegen des damaligen strukturellen Defizits von fast 10 Millionen Euro eine schmerzhafte Sanierung leider unumgänglich war. Und weiter: „Die Gesundheitspolitik der Bundesregierung läuft seit langem falsch.“ „Das wird alles auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen“, lautet sein Urteil über ein rein „marktwirtschaftliches“ Herangehen in der stationären Versorgung.

Skeptisch blickt Anneliese Kunkel auf den Umbau der Leobendorfer Grundschule und dem künftigen Platzbedarf angesichts neuer Baugebiete. „Ob der jetzige Standort der richtige ist?“, hegt Spitzauer Zweifel, „allein der Turnsaal ist zu klein.“ Er könnte sich einen Neubau gemeinsam mit dem beschlossenen Feuerwehrhaus vorstellen. Erzieherin Theresa Herrmann sieht die Kinderzahlen im Laufener Haus für Kinder stetig steigen. Sie fragt: „Wie geht’s weiter?“ Ein weiterer Neubau sei wohl unausweichlich, meint Spitzauer und rät, nicht langer zuzuwarten. Für Wimmer ein „Paradebeispiel, wie es nicht laufen soll“. Der Staat beschließe das kostenfreie Jahr, die Anmeldezahlen explodierten und dann fehle das nötige Personal. „Es wird ausgetragen auf dem Rücken der Mitarbeiter und der Kommunen.“

„Warum tust du dir das an?“, ist Michael Spitzauer schon bei seinen Hausbesuchen gefragt worden. Über diese oftmals „unglaublichen Erfahrungen“ hat er bereits „ein ganzes Buch“ vollgeschrieben. „Ich möchte Bürgermeister werden, und ich will mir nicht vorwerfen, nicht alles dafür getan zu haben.“ Auch Bartl Wimmer lässt keinen Zweifel an seinen Ambitionen. Sein Motto: „Mut zum Handeln.“ Franz Eder ist zuversichtlich: „Beide möchten es, beide können es, und beide haben gute Chancen.“  

Zwei von ihnen wollen auf den Chefsessel: Dr. Bartl Wimmer (rechts) als Landrat, Michael Spitzauer als Bürgermeister. Unterstützung bekommen beide von Ortssprecher Matthias Lutz. Foto: Hannes Höfer
Nachbesprechung an den Tischen (von links): Ortssprecher Matthias Lutz, Bürgermeisterkandidat Michael Spitzauer, Stadtrat Franz Eder, Wolfgang Fieweger (Grüne Freilassing), Landratsstellvertreterin Elisabeth Hagenauer und Landratskandidat Dr. Bartl Wimmer. Foto: Hannes Höfer