Antrag zu TTIPP

Antrag

zu den Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSa

Bei den derzeit verhandelten "Freihandelsabkommen" TTIP, CETA und TiSa handelt es sich um eine "neue Generation" von bi- und multilateralen Handelsverträgen, die eine Machtverschiebung zum Ziel haben, weg von demokratisch gewählten Politikern hin zu multinationalen Konzernen. Diese Art von Verträgen stellt einen massiven Eingriff in unsere kommunale Gestaltungshoheit und unsere kommunale Selbstverwaltung dar.

Der Stadtrat Freilassing lehnt TTIP, CETA und TiSa in der derzeit bekannten Form ab.

Deshalb wird Bürgermeister Josef Fiatscher beauftragt, diese ablehnende Haltung

-  gegenüber dem Bayerischen und Deutschen Städte- und Gemeindetag auszudrücken

-  den Mandatsträgern und Mandatsträgerinnen im Europäischen Parlament, im Bund und im Land bekannt zu geben

-  sie aufzufordern, den Abkommen in der derzeit bekannten Form nicht zuzustimmen

-  der Bundeskanzlerin und dem Bundeswirtschaftsministerium gegenüber zum Ausdruck zu bringen

-  die Öffentlichkeit davon in Kenntnis zu setzen.

Bezüglich des Freihandelsabkommens TTIP beschließt der Stadtrat die beiliegende Resolution

Sach-, Rechtslage, Begründung:

TTIP - Transatlantic Trade and Investment Partnership (EU/USA)

CETA - Comprehensive Economic and Trade Agreement (EU/Kanada)

TiSa - Trades in Services Agreement - multilaterales Dienstleistungsabkommen

Es gibt verschiedene Aspekte, von denen wir als Kommunen direkt betroffen wären:

Demokratie und Transparenz - Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP Die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. EU-Abgeordnete haben keinen uneingeschränkten Zugang, jedoch 600 Vertreter von Großkonzernen.

Städte und Kommunen sind durch TIPP unmittelbar betroffen, doch die kommunalen Spitzenverbände (Städte- und Gemeinde- sowie Landkreistag) werden in die Verhandlungen nicht einbezogen. Es muss jedoch die Einbeziehung in die Verträge so frühzeitig erfolgen, dass die kommunale Gestaltungsmöglichkeit gegeben ist.

Daher fordern wir einen vollständigen Einblick in alle Verhandlungsdokumente, sowie die Einbeziehung in die Verhandlungen. Dies fordern wir für TTIP, CETA und TiSa.

Investitionsschutz für Konzerne

Internationale Konzerne erhalten ein Sonderklagerecht gegen demokratisch beschlossene Gesetze. Zwischen Staaten mit funktionierenden Rechtssystemen ist eine Investitionsschutzklausel überflüssig. Vielmehr stellen "private Schiedsgerichte " ein Parallelrechtssystem dar, das grundlegende Prinzipien des Rechtsstaates unterläuft und Konzerne mächtiger macht als demokratisch gewählte Regierungen.

Da sogar die Beschlüsse von Gemeinden Anlass für solche Klagen sein können, würde dies dazu führen, dass wir uns in vorauseilendem Gehorsam bei jedem unserer Beschlüsse überlegen müssten, ob dieser eventuell die Gewinnerwartung eines Konzerns schmälern würde und somit eine Klage gegen den Staat, aber auch gegen uns als Kommune nach sich ziehen könnte. Aber wie viele solcher Investor-Staat-Klagen kann sich eine Stadt oder eine Gemeinde leisten. Wer muss bezahlen? Bund, Stadt oder Gemeinde?

Wir lehnen einen solchen Eingriff in unsere kommunale Entscheidungshoheit ab.

Kommunale Daseinsvorsorqe. öffentliches Beschaffunqswesen. Dienstleistungssektor und Kommunale Selbstverwaltung

Kommunale Daseinsvorsorge (z.B. Wasserver- und Abwasserentsorgung, Energie).

Da bei diesen Arten von Handelsabkommen typischerweise die Regeln zum grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen und der Schutz ausländischer Investoren im Fokus stehen, ist zu befürchten, dass sie sich negativ auf die Organisationshoheit der Kommunen und die kommunale Handlungsautonomie auswirken. Öffentliches Beschaffungswesen (in den USA schon weitgehend privatisiert)

TTIP und CETA würden die kommunale Organisationsautonomie gefährden.

Mittelständische Unternehmen vor Ort dürften nicht mehr bevorzugt werden. Dadurch käme es zu einer Minderung der Gewerbesteuereinnahmen und einer Schwächung der lokalen Unternehmen.

Dienstleistungssektor (Bauwesen. Transportwesen, Gesundheit, soziale Dienstleistungen) Immer mehr Bereiche des öffentlichen Dienstleistungssektors werden zum "allgemeinen wirtschaftlichen Interesse" dekradiert. Dadurch werden die Gebietskörperschaften gezwungen, diese gem. einer "Marktzugangsverpflichtung" im Wettbewerbsverfahren (künftig weltweit?) auszuschreiben.

Das Gemeinwohl, so wie wir es definieren -ausgerichtet an der Lebensqualität unserer Mitmenschen - muss in diesen sensiblen Bereichen weiterhin im Vordergrund stehen.

Kommunale Selbstverwaltung

Obwohl die EU It. Lissabon-Vertrag und gem. Subsidiaritätsprinzip nicht in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen darf, duldet unsere Bundesregierung mit diesen Verträgen diesen Gesetzesübertritt, ja sie fördert ihn sogar noch.

Stillstandsklausel und Ratchet-Klausel

Alle drei Handelsabkommen enthalten sowohl die Stillstands-, wie auch die Ratchetklausel. Die Stillstandsklausel legt fest, dass nach Einigung auf einen Status der Liberalisierung dieser nie wieder angehoben werden darf. Die Ratchetklausel besagt, dass ein staatliches Unternehmen, wie etwa die Stadtwerke, das einmal von einem privaten Investor gekauft wurde, niemals wieder rekommunalisiert werden darf.

Es hat sich in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass - aus guten Gründen - zahlreiche Privatisierungen öffentlicher Güter wieder in die öffentliche Hand zurückgeführt wurden. Daher lehnen wir solche "Endgültigkeitsklauseln" ab. Vielmehr ist zu beanstanden, dass keine generelle Austrittsklausel formuliert wurde.

Living Agreement und Rat für Regulatorische Kooperation

Im Oktober 2013 hielt EU-Handelskommissar Karel de Gucht eine Rede in Prag, in der er vorschlug, TTIP solle einen regulatorischen Kooperationsrat einrichten. Die EU-Kommission plant nun in der Tat die Etablierung eines "Regulierungsrates", in dem EU- und US-Behörden mit Konzern-Lobbyisten zusammenarbeiten, um Regulierungsmaßnahmen zu diskutieren und gegebenenfalls Standards zu lockern. Die Beteiligung Kommunaler Spitzenverbände ist nicht vorgesehen. In einer Rede am Aspen Institut in Prag bezeichnete Karel de Gucht das Abkommen als "lebendes Abkommen", was nichts anderes bedeutet, als dass sich die Verhandlungspartner auf ein allgemeines Rahmenabkommen einigen und die Details (z.B. Absenkung der Standards) dann in einem Ausschuss (im Nachhinein) weiterverhandeln. All

dies geschieht am Europaparlament vorbei und entzieht sich dadurch jeglicher demokratischer Kontrolle.

Für Vereinbarungen, die derart weitreichend in die Staatliche und Kommunale Regulierungshoheit eingreifen, bedarf es Standards der Transparenz und der demokratischen Legimitation, auch wenn es sich um internationale Abkommen handelt.

Deswegen fordern wir die Einbeziehung der Öffentlichkeit, sowie eine sofortige Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände. Aus den genannten Gründen lehnen wir diese "neue Generation" von Handelsabkommen ab und setzen uns bei den entscheidenden Stellen dafür ein, die Abkommen in der derzeit bekannten Form abzulehnen. Darüber hinaus appellieren wir an andere Mitglieder und Verbände des Bayerischen Städte- und Gemeindetages, ebenso zu verfahren.

Edeltraud Rilling