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Wie umweltfreundlich ist die Energie aus Waldhackgut?

Transportwege haben nur sehr geringen Einfluss auf die Ökobilanz. „Holz ist kein einfaches Material“, sagt Bernhard Zimmer, „schon deshalb, weil viel Wasser drin ist.“ Zimmer ist 3. Bürgermeister in Piding und Direktkandidat der Grünen zur Bundestagswahl. Vor allem aber ist er Fachbereichsleiter Holztechnologie & Ökologie an der Fachhochschule Salzburg, zuständig für die Bereiche Forschung und Entwicklung.

Weil in Freilassing heftig diskutiert wird über Pro und Contra einer Fernwärme-Versorgung, über Sinn und Unsinn von Transportdistanzen, und sich dort überraschenderweise Vertreter des Bund-Naturschutzes auf die Seite der Projekt-Kritiker geschlagen haben, hat Zimmer nun auf Einladung der Grünen/Bürgerliste Freilassing im Gasthaus Rieschen eine wissenschaftlich fundierte Ökobilanz der gesamten Bereitstellungskette von Hackschnitzeln präsentiert.

Drei Jahre hat man an der Technischen Universität München und an der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising an dem Projekt gearbeitet, um den Teilbereich Ökobilanzierung kümmerte sich Bernhard Zimmer in Salzburg. „Den Lebensweg zerlegt in Einzelprozesse“, beschreibt Zimmer vereinfacht die Vorgehensweise. Er bewertete ausschließlich Hackgut aus dem Wald, bei Restholz aus Sägewerken wären weitere Faktoren zu berücksichtigen. „Bei der Forstwirtschaft insgesamt fließen über einen langen Zeitraum sehr viel Einzelprozesse mit ein, die schwer zu qualifizieren sind.“ Klarer ist die Betrachtung der Photosynthese und der Holzzusammensetzung. 500 Kilogramm Kohlenstoff, also CO² aus der Luft, finden sich in einer Tonne Holz; dazu 430 kg Sauerstoff, 60 kg Wasserstoff und 10 Kg andere Elemente. Auch für den Laien gut verstehbar: der Energiespeicher Holz und der Anteil, den ich von der Pflanzung über die Pflege bis zur Ernte aufwenden muss. Je nach Baumart sind das lediglich ein bis vier Prozent. „Das ist ein sehr guter Wert“, urteilt Zimmer.

„Beim Transport wird ja derzeit heftig diskutiert“, so Zimmer zum aktuellen Freilassinger Thema. Kritiker der Fernwärmeversorgung hatten angeführt, dass der Bedarf an Hackschnitzel keinesfalls aus der näheren Region gedeckt werden könnte. Ein Transport von mehr als 70 Kilometer aber sei ökologisch nicht akzeptabel. Die Befürworter hatten entgegen gehalten, dass Öl und Gas über ungleich längere Strecken zum Verbraucher komme.

Bernhard Zimmer hat die unterschiedliche Holzernte – von der Einzelfällung bis zum Einsatz von Großmaschinen – ebenso gerechnet und bewertet wie den Transport. Hier reicht die Bandbreite vom Traktor mit Anhänger über unterschiedliche Lkw-Typen bis zur modernen Bahnlogistik. Mit aufwändigen und detaillierten Diagrammen stellte Zimmer den Energieverbrauch für die Fahrt dem Energieinhalt der Ladung gegenüber. „Mit dem Traktor 200 Kilometer zu fahren, wäre natürlich Unsinn.“ Aber selbst dabei würden lediglich 25 Prozent der geladenen Energie für den Transport draufgehen. Der Anteil bei Lkw- und Bahntransporten liege nicht über fünf Prozent; und bei einer optimierten Transportkette bleibe man unter zwei Prozent.

Voraussetzung dafür ist auch eine hohe Qualität des Hackgutes. „Bei einem Feuchtegehalt von 50 Prozent fahre ich die Hälfte Wasser spazieren“. Was zudem einen Energieverlust in der Verbrennung bedeutet. Oftmals würden gerade kleine Anlagen ohne Rauchgasfilter sehr nasse Hackschnitzel verbrennen. „Da müssen wir über die Qualität nachdenken“, forderte Zimmer, denn anders als bei Holz-Pellets gibt es für Hackschnitzel noch keine Regelungen.

Und noch etwas: feuchtes Hackgut werde nicht selten auf einen Haufen geschüttet und so über einen längeren Zeitraum gelagert. Weil der Haufen innen heiß wird, geht gespeicherte Energie verloren. Das können zwischen einem und vier Prozent pro Monat sein; in einem viertel Jahr habe man dadurch mehr Energieverlust, als für den Transport des Hackgutes eingesetzt werden musste.

Kritisch der Blick von Bernhard Zimmer auf die Heizwerke. Bei jenen, die primär Strom produzieren, verpufft die anfallende Wärme im Sommer teilweise ungenutzt. „Hier reden wir wir von ganz anderen Beträgen“, so Zimmer, „da kann man alle anderen Faktoren vergessen.“ Zudem: „Das ist ökonomischer und ökologischer Unfug.“

Holz sei nicht nur klimaneutral, behauptet Zimmer, „nein: es ist besser.“ Rechne man nämlich dagegen, was ich an CO² spare, weil ich kein Öl verbrenne, das tausende Kilometer gebracht werden muss, so sei die Treibhausbilanz eindeutig positiv.

Eines stellt Zimmer deutlich heraus: „Es geht hier nicht um einen Energiewechsel, damit man möglichst billig heizen kann.“ Er, der selbst Förster ist, sieht im Holz eine regionale Wertschöpfung, und – wenn es entsprechend bezahlt wird – auch eine Einkommensmöglichkeit für die Landwirtschaft.

Zum Konzept eines Hackschnitzel-Heizwerk sagt Bernhard Zimmer: „Ein Projekt ist dann ein gutes Projekt, wenn es sich rechnet – und zwar ohne staatliche Zuschüsse.“ Allerdings betont er ebenso, dass die Bewertung einer zukünftig intensiveren Nutzung des Naturraumes mit einer Ökoblianzierung nicht befriedigend gelöst werden kann. „Hier müssen andere Methoden der Zielfindung und Risikoabwägung eingesetzt werden.“

„Weg damit“, sagt Bundestagskandidat Bernhard Zimmer. Er möchte mit dem „strahlenden Abfall“ nicht zu tun haben. Links Delia Jakubek. Foto: Hannes Höfer