Erstellt von Bernhard Zimmer | |   Kreisverband

Grenzen überschreiten - Freilassinger Grüne Talkrunde

Hochkarätig besetzt war die Grüne Talkrunde in Freilassing, die das Ziel hatte Grenzen zu überschreiten, um zukunftsfähige Raumordnung zu diskutieren. Viele Grenzen müssen überschritten werden, wenn man einerseits den galoppierenden Flächenverbrauch bremsen und andererseits bezahlbaren Wohnraum in unseren Städten und Gemeinden schaffen möchte.

Die Stadtentwicklung in Freilassing kann niemals ohne den Blick über die Landesgrenze diskutiert werden, denn die Entwicklung Salzburgs hat eben einen großen Einfluss auf den Großteil des Landkreises Berchtesgadener Land.

LH-Stvin. Dr. Astrid Rössler, Mitglied der Salzburger Landesregierung und dort unter anderem zuständig für die Ressorts Natur- und Umweltschutz sowie Raumordnung und Baurecht erläuterte zu Beginn sowohl den Masterplan als auch die neuesten Änderungen im Raumordnungsgesetz des Landes Salzburg. „Vom Sparbuch ins Grundbuch“ beschrieb Dr. Rössler die Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit und berichtete darüber wie man künftig Bodenspekulation erschweren möchte. Eine große Anzahl an ungenutzten Wohnungen gäbe es im Land Salzburg. Eine Wohnnutzung werde von Eigentümern teilweise mit technischem Aufwand nur vorgetäuscht, was vor dem Hintergrund, dass Wohnraum fehle völlig inakzeptabel sei. Ausgewiesenes Bauland welches nicht innerhalb einer bestimmten Frist bebaut werde, soll künftig mit Abgaben belegt werden. Rössler betonte, dass man sich bei der Novellierung der Raumordnung eigentlich Bayern bislang eher als Vorbild gesehen hatte und nun verwundert feststelle, dass man dort „das Bauen auf der grünen Wiese“ eher erleichtern will.

Das Landesentwicklungsprogramm Bayern und seine wesentlichen Neuerungen erläuterte Dieter Janecek, bayerischer Abgeordneter im Deutschen Bundestag in Berlin und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion. Dieter Janecek, der seinen Stimmkreis in München hat, machte deutlich, dass die Landesregierung, aufgrund des massiven Drucks zwar zu Nachbesserungen im Bereich der Anbindung gezwungen werden konnte, aber der immense Flächenverbrauch Bayerns weiter zunehmen werde. Er verwies darauf, dass vor allem in Metropolen, wie München kaum noch Flächenreserven vorhanden seien und deshalb die Schaffung von Wohnraum zwingend auch in eine Diskussion über den Flächenverbrauch und –bedarf für die Mobilität führen muss.

Wolfgang Hartmann, Stadtrat in Freilassing konnte mit beeindruckenden Zahlen zeigen, dass dies auch für kleine Städte wie Freilassing gilt. Er kritisierte, dass auch jüngst Wohnbauprojekte konzipiert würden ohne die verkehrliche Situation entsprechend zu berücksichtigen. Wohnen generiert aber immer auch Verkehr, denn die Menschen pendeln zur Arbeitsstätte, wollen Einkaufen und ihre Freizeit gestalten. Die Stadt ist der Lebensraum ihrer Menschen und mit dem Wohnraum muss neben der Verkehrsinfrastruktur eben aber auch die gesamte Infrastruktur in der Kommune wachsen. Wie sieht es dann aus mit Kindergärten, Schulen, etc.? Hartmann wünscht sich deshalb eine Abkehr von der reinen Diskussion um Wohnraum hin zu einer Diskussion der integrierten Stadtentwicklung, wo auch die Frage nach den Grenzen des Wachstums gestellt werden müssen.

Am deutlichsten sind die Grenzen des Wachstums für Hartmann heute schon beim Einzelhandel erkenn- und spürbar, denn zusätzliche Kaufkraft kann nicht mehr generiert werden. Jeder neue Markt auf der grünen Wiese, saugt die Kaufkraft aus den Ortskernen und erzeugt neue Verkehre. Rössler bestätigte dies, berichtete von Erhebungen zur Kaufkraftwanderung, auch von Bayern nach Salzburg und verwies auf die Neuerungen im Raumordnungsgesetz, welches eine sehr restriktive Ausweisung von weiteren Einzelhandelsprojekten im Land Salzburg vorsieht. Kräftiger spontaner Applaus war die Reaktion des Freilassinger Publikums.

Einig war sich die Talkrunde, dass nachhaltige und am Gemeinwohl orientierte Stadtentwicklung einen integrierten Ansatz braucht. Wer Wohnraum schaffen will, muss die Spekulation um Grund und Boden einschränken und aus einem Baurecht, kann man auch ein Bauversprechen ableiten, welches über die Zeit auch eine Bauverpflichtung werden muss.

Mächtig ausgeräumt hat man vor wenigen Tagen Bäume und Sträucher rund um die ehemalige Autowerkstatt Lackner. Und das nach der Sperrfrist 1. März.
v.l. Dr. Bernhard Zimmer, LH-Stv.Dr. Astrid Rössler, Wolfgang Hartmann, MdB Dieter Janecek
Weil aus Autofahrersicht zu niedrig, werden die Steinquader der Sitzbänke am Marienplatz häufig angefahren. Fotos: Hannes Höfer