Erstellt von Ernst | |   Freilassing

Demokratie anders - brauchen wir gewählte (grüne) Bürgervertreter?

Dieser Diskussion stellte sich die Grünen/Bürgerliste.

"Ohne geht es nicht in einer lebendigen Demokratie", waren sich die Besucher einig. Sich in die Augen schauen, miteinander sprechen, Argumente austauschen, Stimmungen spüren und darauf reagieren kann man nur, wenn die Teilnehmer gemeinsam am Tisch sitzen. Online ist dies nicht möglich. Hier hätten Grüne Stadträte durchaus eine wichtige Funktion, da sie brisante Themen öffentlich diskutieren und dadurch zur Meinungsbildung in der Bevölkerung beitragen.

Auch wenn diesmal bedeutend weniger Bürger anwesend waren als bei der vorangegangenen Informationsveranstaltung zur geplanten Ansiedlung eines  Globus Baumarktes, so war deren Beteiligung dafür umso engagierter. "Es sind halt wieder einmal die Grünen, die als erstes die Bürger über wichtige Entscheidungen im Stadtrat informieren," brachte es ein Besucher auf den Punkt. Die Stadt ginge erst an die Öffentlichkeit, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen sei. Öffentlichkeitsarbeit wäre eigentlich der Part der Stadt(verwaltung). Die Bürger vor vollendete Tatsachen zu stellen, sei demotivierend, fand Stadtrat Ernst Wohlschlager. "Gerade am Beispiel „Globus-Baumarkt“ wird deutlich, was in Freilassing schief läuft. Es haben sich doch nicht dutzende hochmotivierte Bürger über fast zwei Jahre in der Stadtentwicklung engagiert und Ergebnisse entwickelt, um dann wieder mit so einem „Hammer“ vor den Kopf gestoßen zu werden." Da brauche man sich nicht wundern, wenn als Gegenreaktion gleich ein Bürgerentscheid in den Raum gestellt werde. Bürgerbeteiligung sieht nach Meinung der Grünen anders aus.  Bevor eine Entscheidung gefällt wird,  sollte vor allem mit den direkt betroffenen Bürgern, aber selbstverständlich auch mit der gesamten Öffentlichkeit gesprochen werden. Im Stadtentwicklungsprozess habe man gesehen, dass von Bürgerseite nicht nur viele Wünsche vorgetragen würden, sondern auch manch pfiffiger Lösungsweg aufgezeigt werde. "Insgesamt trägt eine ehrliche Bürgerbeteilung zur Vertrauensbildung bei und stärkt die Demokratie. Parteien und Stadtverwaltungen können nur profitieren," meinte Wolfgang Hartmann, der als Aktiver im Stadtentwicklungsprozess es außerordentlich bedauerte, dass zum „Globus Baumarkt“ nicht einmal die Lenkungsgruppe gehört wurde.

Ernst Wohlschlager verwies auf den Sachverhalt, dass derzeit lediglich die Änderung des Bebauungsplanes beschlossen wurde,  aber noch keinem konkreten Bauvorhaben zugestimmt wurde. "Dies sei eine Chance, noch einmal miteinander zu sprechen und das Für und Wider auszutauschen, um so zu einer tragfähigen Entscheidung zu kommen“, fand Stadträtin Elisabeth Hagenauer. Ein Bürgerentscheid gehört ihrer Ansicht nach am Ende eines intensiven Meinungsaustausches.  Vor allem nach zwei verlorenen Abstimmungen müsste es im Sinne des gesamten Stadtrates sein, den Bürgerwillen ernst zu nehmen.

 

Mehr Ratsbegehren ?

Das Instrument des Ratsbegehrens gäbe es schon lange, meinte der Kreisvorsitzende der Grünen, Dr. Bernhard Zimmer. "Warum wird dies so selten angewandt ?"  Seiner Meinung nach sollten die Bürger regelmäßig im Jahr Gelegenheit haben, über wichtige Entscheidungen abzustimmen. "Selbstverständlich  muss man im Vorfeld aber diese Themen gut aufbereiten, z.B. mittels Bürgerversammlungen,die großteils nur eine langweilige Berichterstattung über das abgelaufene Jahr seien", fand  Pidings  3.Bürgermeister, der vor allem auf eine richtige und außerordentlich wichtige Rollenverteilung hinwies:  Bürgervertreter sollen gestalten und die Behören lediglich verwalten!  Seiner Erfahrung nach diskutieren die Verwaltungen viel zu viel mit und beeinflussen somit die Entscheidungen oft maßgeblich.  Umgekehrt verschanzen sich gewählte Stadträte  oft hinter den Verwaltungen und stellen sich nicht der Diskussion.

In der Schweiz läuft dies wesentlich besser, berichtete ein Besucher. Dort sei es üblich, dass die Bürger öfters im Jahr ihre Meinung mittels Abstimmungen kundtun. Die Beteiligung sei hoch und die Bürger nähmen ihre Pflichten ernst und informierten sich im Vorfeld ausgiebig.  Anders als in Deutschland werden dort die Bürger in die Meinungsbildung eingebunden, um dann oft über weitere Zwischenabstimmungen zur Endendscheidung  zu gelangen. Für Dr. Zimmer ist dies ein fortschrittlicherer Demokratieweg, den auch wir auf lokaler Ebene praktizieren könnten. "Am  Willen der Grünen Stadträte wird dies sicherlich nicht scheitern," meinte der Kreisvorsitzende abschließend.