Erstellt von Edwin Hertlein | |   Kreisverband

Klimaneutrales Energiesystem ist möglich

Nach Ansicht der Energiewissenschaftlerin Anika Regett ist ein klimaneutrales Energiesystem möglich. Das machte die Mitarbeiterin der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München auf einem Wissenschaftsdialog von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Energiewende in Bad Reichenhall deutlich.

Um dieses Ziel aber bis zum Jahr 2050 zu erreichen müssten von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft noch gewaltige Anstrengungen unternommen werden, so Regett. So müsste die derzeit installierte Kraftwerksleistung im Bereich Erneuerbarer Energien nach Meinung der Wissenschaftlerin ungefähr vervierfacht werden. In einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten und von 14 Unternehmenspartnern, darunter beispielsweise die Bayernwerk AG und BMW, unterstützen fast 400 Seiten starken Studie hat Regett zusammen mit 14 weiteren Kollegen detailliert aufgeführt, wie dieser Umstieg in der Praxis gelingen kann. Neben dem Stromsektor seien auch im Verkehr, in den privaten Haushalten und in der Wirtschaft große Anstrengungen nötig. Auch die Kosten wurden in der Studie berechnet. Regett bezifferte diese mit 10 Milliarden Euro jährlich. Ausdrücklich wies die Wissenschaftlerin darauf hin, dass nicht eine einzige Maßnahme, sondern nur eine sinnvolle Kombination vieler Maßnahmen zum Ziel führen würde. Beim Verkehr beispielsweise könne das E-Auto alleine nicht die Lösung sein. Generell gelte es, das Verkehrsaufkommen durch einen Ausbau des ÖPNV zu reduzieren. Auch könnten große LKW wegen des großen Gewichts der dafür benötigten Batterien nicht direkt elektrisch betrieben werden. Hier sei der Einsatz von sogenanntem „green fuel“, also elektrisch mittels Elektrolyse erzeugten Kraftstoffen wie Wasserstoff, nötig. Gleiches gelte im Schiffsverkehr. Beim Heizen geht Regett davon aus, dass die elektrische Wärmepumpe eine wichtige Rolle spielen wird. Damit alle diese Ansätze aber unter den ökonomischen Rahmenbedingungen verwirklicht werden können, hält Regett eine CO²-Bepreisung für unumgänglich. Simon Köppl, Grünen-Kreisrat aus Ramsau und ebenfalls Wissenschaftler an der Forschungsstelle für Energiewirtschaft, befasste sich mit der Frage, welche Handlungsanleitungen sich aus den Erkenntnissen der Wissenschaft für den Landkreis ergeben. Konkret sollte der Landkreis sämtliche eigenen Liegenschaften auf die mögliche Nutzung durch Photovoltaikanlagen hin überprüfen. Weiter wäre die Förderung von Bürgerenergiegenossenschaften durch den Landkreis möglich. Auch im Verkehrssektor könne der Landkreis durch einen Ausbau des ÖPNV einen wichtigen Beitrag leisten. Insgesamt, so Köppl, müsse der Klimaschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden. Dr. Pia Heberer, Grünen-OB-Kandidatin in Bad Reichenhall, ging auf mögliche Handlungsfelder in der großen Kreisstadt ein. Vor allem auf dem Kasernengelände sieht sie Möglichkeiten zur Errichtung von Photovoltaikanlagen. Grünen-Landratskandidat Dr. Bartl Wimmer, der die Veranstaltung moderierte, hob hervor, dass 10 Milliarden Euro an jährlichen Kosten für die Energiewende zwar keine kleine Summe sei. Im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt oder zum Bundeshaushalt wäre das aber eher ein bescheidener Betrag. „Nichtstun wird auf jeden Fall teurer“, so Wimmer abschließend.

Dr. Bartl Wimmer, Dr. Pia Heberer, Simon Köppl und Anika Regett beim Wissenschaftsdialog zum Thema Energiewende in Bad Reichenhall.