Erstellt von Bernhard Zimmer | |   Bad Reichenhall

Max Aichers "Blümchen-Olympiade"

Bad Reichenhall bewirbt sich um die Landesgartenschau 2022, weil Max Aicher es so will. Buchstäblich in letzter Sekunde "überzeugt" er den Stadtrat mit einer Bürgschaft. Die Grünen beantworten Fragen der Presse.

1. Die Landesgartenschau soll nach Bad Reichenhall. Müssten Sie als Grüner nicht eigentlich zufrieden sein?


Eine Landesgartenschau ist in jeder Hinsicht ein Großereignis und damit für jede Bewerberstadt immer auch eine besonders große Herausforderung hinsichtlich der Raumplanung, der Organisation sowie der Finanzierung. Im Mai 2016 wurde die Landesgartenschau 2024 an die Stadt Erlangen vergeben. Gleichzeitig wurde bekanntgegeben, dass die Landesgartenschau 2022 neu ausgeschrieben werden soll, nachdem die Bürger*innen der Stadt Traunstein in einem Bürgerentcheid im April 2016 entschieden hatten, die Landesgartenschau nicht auszurichten. Erstmals in der Geschichte der Landesgartenschauen wurde darauf hin die Ausschreibung verändert und es wurden für 2022 auch Bewerbungen für sogenannte kleine Gartenschauen zugelassen. Ein deutlicher Hinweis, dass auch die ausschreibende Gesellschaft zur Förderung der bayerischen Landesgartenschauen mbH in der kurzen Zeitspanne für Bewerbung, Planung und Umsetzung eine große Hürde sah. Am 20. September beschäftigte sich erstmals der Stadtrat, dem ein Bewerbungskonzept des Unternehmers Max Aicher vorlag mit dem Thema Landesgartenschau. "Es sieht eine Landesgartenschau auf zwei Ebenen vor – in der Stadt und auf dem Berg, außerdem ein Thermenhotel und ein Parkhaus." konnte man im Pressebericht lesen. Mehrheitlich beschloss der Stadtrat das Konzept zu prüfen. Die Frage, ob man die mögliche Alternative einer "Kleinen Gartenschau" für Bad Reichenhall 2022 auch prüfen sollte, stellte sich offensichtlich gar nicht.

Eine Landesgartenschau ist als Projekt, aus Grüner Sicht, genauso sorgfältig zu prüfen, wie alle anderen Projekte auch. Viele Fragen sind zu stellen und zu beantworten. Bad Reichenhall ist eingebettet in die Biosphärenregion Berchtesgadener Land, ist "Alpine Pearl" und Staatsbad, hat eine besondere Lage, besondere klimatische Bedingungen. Entspricht denn das vorgelegte Konzept den Zielen einer Landesgartenschau? Nur dann kann eine Bewerbung erfolgreich sein. Wie können die zusätzlichen Besucherströme gelenkt werden? Wie sieht das Verkehrskonzept aus?

2. Max Aicher hat finanzielle Zugeständnisse in Form einer Bürgschaft zugesichert. Sie sehen das kritisch. Wieso?


Der Unternehmer Max Aicher steht ganz offensichtlich von Beginn an hinter der Idee und legte im laufenden Entscheidungsprozess immer dann ein "Zuckerl" nach, wenn es notwendig war und das Ziel einer Bewerbung 2022 gefährdet erschien.

"Gartenschauen sollen dazu beitragen, in bayerischen Städten, Märkten und Gemeinden zusammenhängende Grünzonen zu schaffen, zu gestalten und zu sichern und dadurch die Erholungsmöglichkeiten, das Stadtklima und die Lebensbedingungen für die heimische Pflanzen- und Tierwelt zu verbessern" so steht es auf der Internetseite des Umweltministeriums nachzulesen. Das Reichenhaller Konzept der Gartenschau bietet ja genau dies nicht. Die Flächen an der Saalach sind von den innerstädtischen Flächen durch die vielbefahrene Bundesstraße getrennt. Im November dann der erste Paukenschlag: der Auentunnel. Der Presse war zu entnehmen, dass für Max Aicher eine Gartenschau der nötige Impuls dafür wäre, dass der Tunnel auch wirklich in Angriff genommen wird. "Nun könnte eine Blümchen-Olympiade der Impuls für diesen Tunnel sein." wird er am 3.12.2016 im Reichenhaller Tagblatt zitiert. Das Tunnelprojekt ist also eng verbunden mit der Landesgartenschau verbunden. Die Lösung der Verkehrsproblem Bad Reichenhalls ist das erste Zuckerl.

Das zweite Zuckerl ist die Bürgschaft, denn zu einem Zeitpunkt, wo der Stadtrat einen Beschluss fasst, sich nicht 2022 sondern 2026 bewerben zu wollen, kommt das Angebot. Dann die Sondersitzung am Samstag:  Max Aicher beteuert, dass der Auentunnel unabhängig von der Gartenschau zu sehen ist. Kritiker sagen, dass der zeitliche Ablauf ist ja viel zu knapp, der Tunnel eben undenkbar bis 2022. Der Stadtrat ist überzeugt, das finanzielle Risiko ist weg und er stimmt der Bewerbung zu. Das Konzept wird fristgerecht abgegeben.

Und was steht im Konzept?

Heute, 20.02.2017 in der Presse (Reichenhaller Tagblatt) ist zu lesen, dass in den endgültigen Bewerbungsunterlagen Folgendes steht: "Die Bundesstraße B 20, die eine massive Barriere zwischen Innenstadt und Saalachauen darstellt, soll in den nächsten Jahren im Innenstadtbereich überdeckelt werden." Und weiter: "Der Auenpark soll unmittelbar nach dem Bau des Auentunnels angelegt werden."

Noch Fragen zur Glaubwürdigkeit von öffentlichen Aussagen des Unternehmers Max Aicher?

Wo steht eigentlich das Projekt Pumpspeicherwerk am Predigtstuhl?

Wer baut denn das Parkhaus und das Thermenhotel?

3. Sie sprechen Reichenhall ab, der geeignete Ort für eine Landesgartenschau zu sein. Warum?


Die Aussage ist falsch, warum sollte ich das tun? Das jetzt vorliegende Konzept widerspricht aus meiner Sicht den Zielen einer Landesgartenschau, denn die Flächen sind eben nicht zusammenhängend, ganz im Gegenteil. Teile der Landesgartenschau auf den Predigtstuhl zu verlegen und Naturräume "gärtnerisch" zu gestalten ist eine neue Dimension.  Das ist ein Punkt den ich als Forstwissenschaftler sehr kritisch betrachte.

4. Ihrer Ansicht nach stehen Max Aichers Unternehmensziele klar im Vordergrund. An was machen Sie das fest?


"Der einzige konkrete Vorteil, den Herr Aicher hat, ist, dass die Gartenschau einen weiteren Aufschwung der Predigtstuhlbahn bringen würde. Und wer kann dagegen etwas haben?" wird der Oberbürgermeister am 20.1.2016 in der Presse zitiert. Das stimmt doch nicht!

Max Aicher plant und baut den Auentunnel, ein Millionenprojekt, welches er mit der Gartenschau erzwingen möchte. Er beteiligt sich aktiv in der Durchführungsgesellschaft und was kommt dann noch allles? Ach ja, die Straße auf den Predigtstuhl? Nein natürlich nicht als Erschließung, sondern erzwungen als Rettungsweg und wegen der Barrierefreiheit?

5. Die erste alpine Landesgartenschau: Ist das für Sie kein Grund, das Glas zu erheben und anzustoßen? Was spricht Ihrer Meinung gegen die Umsetzung der LaGa


Ich kann derzeit kein Prädikat "Alpine Landesgartenschau" erkennen außer der Verortung. Der kurze Zeitraum für Planung, Genehmigungsverfahren, Ausschreibung und Umsetzung sind das Hauptproblem. Eine neue Brücke über die Saalach? Ein Auentunnel, der ein Planfeststellungsverfahren erfordert? Kein vernünftiger Mensch kann hier an eine termingerechte Umsetzung glauben. "Die bayerischen Gartenschauen sind zudem ein Forum für ökologisch innovative Architektur und Freiraumgestaltung" heißt es in der Zielsetzung, man darf gespannt sein.

6. Die Bewerbung ist durch, was sollte Ihrer Meinung nach passieren, wenn Reichenhall den Zuschlag erhält?


Die Bewerbung ist eingereicht, jetzt erfolgt die Prüfung des Konzeptes, zwei Ministerien sind beteiligt und viele Fragen sind zu erklären:

In Artikel 141 der Bayerischen Verfassung steht Folgendes geschrieben: "der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet." Wie jedermann weiß, erzielt man bei einer Landesgartenschau Einnahmen auch über die Eintrittsgelder. Im Falle von Bad Reichenhall würde das bedeuten, dass man erst einmal das verfassungsgemäße Recht der Bürger*innen auf Erholung in der freien Natur einschränken müsste. Der Auwald und das Gebiet am Predigtstuhl gehören zu dieser 'freien Natur'.  Und seien wir doch mal ganz ehrlich: auch wenn Max Aicher Eigentümer all dieser Flächen ist oder wäre, kann man die Bürger*innen nicht einfach aussperren, weil einige Monate Gartenschau ist.

Wieviel "Gartenkultur, Landschaftsbau und Architektur" verträgt ein alpiner Naturraum? Sind derartige Eingriffe wirklich durch das Umweltministerium förderfähig. Das gleiche Ministerium, das für die Biosphärenregion zuständig ist.

Warum bewirbt man sich nicht 2026, um mehr Vorbereitungszeit zu haben?

Warum hat man sich nicht für eine kleine Gartenschau 2022 entschieden und beworben?

Nachbargemeinden, wie Piding werden sich die Bewerbung genau ansehen, denn in der Tat gibt es auch ein erhebliches Verkehrsproblem zu lösen. Die B20 ist im Bereich Piding eine der am Meisten befahrenen Bundesstraßen, die Brücke über die Saalach ist alt und in die Jahre gekommen und Bad Reichenhall weigert sich seit Jahren auf der B21 mehr Verkehr zuzulassen.

Es gibt also noch sehr viel Diskussionsbedarf und es wird noch viel Überzeugungsarbeit brauchen, um die derzeitigen Kritiker und Skeptiker nicht zu wirklichen Gegnern einer "Blümchen-Olympiade", wie Max Aicher die Landesgartenschau bezeichnet, zu machen.

Bayerische Grüne am Oberndorfer Leopold-Kohr-Denkmal. Von links: Anneliese Kunkel, Erich Althammer, Franz Eder, Heike Haberl-Jani, Eike Hallitzky, Gerti Thoma, Elisabeth Hagenauer und Bernhard Zimmer.
Eike Hallitzky möchte, dass die Grünen mitregieren. Mit wem, da will er sich nicht festlegen. Fotos: Hannes Höfer