Antrag vom 07.05.22

- Erfolgreich -

 

Sehr geehrter Herr Landrat,

 

die Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen bittet um Bearbeitung des folgenden Antrags

 

Motivation und Begründung:

 

Die Wärmewende ist nicht mehr nur klimapolitisch eine besondere Herausforderung, sondern auch sicherheits- und wirtschaftspolitisch. Wollen wir rasch alle Energielieferungen aus Russland stoppen, müssen vor allem Einsparung und Substitution angepackt werden. Der bloße Wechsel der Lieferanten bringt in jedem Fall hohe Kosten und vergrößert letztlich die eigene Abhängigkeit. Eine besondere Herausforderung ergibt sich bei der Substitution von Erdgas, weil es in den letzten 10 Jahren von vielen als „umweltfreundliche und preisgünstige“ Alternative zu Öl und Kohle gesehen wurde.

 

Im Berchtesgadener Land hat laut der Energiebilanz von 2018 der Wärmebedarf einen Anteil von 76% am Endenergieverbrauch des Landkreises, wenn man den Sektor Verkehr unberücksichtigt lässt. 42% dieses Wärmebedarfes entsteht in privaten Haushalten. Der Anteil von Heizöl und Erdgas beträgt im Landkreis 74% an der Wärmeerzeugung. Diese Zahlen zeigen, dass sich neben den daraus resultierenden klimaschädlichen Emissionen stark gestiegenen Energiekosten bereits unmittelbar auf der kommunalen Ebene bemerkbar machen und alle Teile der Bevölkerung betreffen. Ein verstärkter Einsatz von Solarthermie kann hier insbesondere für Bestandsgebäude einen schnell umsetzbaren Beitrag für eine schnelle und effiziente Wärmewende liefern. Die Wärmeerzeugung durch Sonnenkollektoren hat aus Umweltsicht viele Vorteile, u.a keine Flächenkonkurrenz zum Nahrungsmittelanbau, keine Abgase/Emissionen im Betrieb und mit Wasser ein völlig ungefährliches Speichermedium.

 

Die Zahlen des Berchtesgadener Landes zeigen, dass mehr als 90% der benötigten Wärmeenergie in dezentralen Anlagen erzeugt wird, denn der Anteil der Fernwärme ist gering. Im Ergebnis heißt das, dass nahezu jedes Gebäude eine eigene Wärmeerzeugungsanlage hat. Das ist eine für den ländlichen Raum typische Situation. Geht es darum möglichst rasch fossile Energieträger zu substituieren, bietet sich die Solarthermie als besonders einfache, rasch umzusetzende und sehr effiziente Technologie an. Leider ist die Solarthermie weder in den Köpfen der Verbraucher*innen noch bei den Energieberatern präsent.

 

Die Nutzung der Sonnenenergie wird in der Öffentlichkeit fast immer mit Photovoltaik gleichgesetzt. Die Solarthermie führt, obwohl es schon vor 20 Jahren gute Ansätze im Landkreis gab, nach wie vor ein Schattendasein, ist wirtschaftlich unterschätzt und unterbewertet. Häufig wird die Solarthermie nur mit der Warmwassererzeugung in Verbindung gebracht, aber Stand der Technik ist längst die Einbindung der thermischen Solaranlagen in die zentralen Heizungsanlagen. Ohne großen Aufwand kann Solarthermie in fast alle vorhandenen Heizsysteme integriert werden und letztlich entscheidet die Größe des Pufferspeichers darüber, wieviel Sonnenwärme auch für die Heizperiode zur Verfügung steht. In der jetztigen Situation mit einer drohenden Gasknappheit im kommenden Winter bietet ein verstärkter Einsatz von Solarthermie auch Hausbesitzer mit Gasheizungen eine pragmatische Möglichkeit, fossile Energieträger zu sparen: jede durch Solarthermie eingesparte Kilowattstunde Gas im Sommer stünde dann dem Auffüllen der nationalen Gasspeicher zur Verfügung. In Zeiten stark steigender Heizkosten lohnt es sich darüber nachzudenken, dass wir alle einen Beitrag liefern können, um die Abhängigkeit in der Energieversorgung dauerhaft zu verringern. Jede kWh Wärme oder Strom, die wir hier im Landkreis auf unseren Dächern selbst erzeugen, leistet einen Beitrag.

 

Der Landkreis kann hier einen wichtigen Anstoß durch die Unterstützung der Bevölkerung bei der Neuinstallation oder Erweiterung einer Solarthermie-Anlage leisten: eine pauschale, unbürokratische Förderung kann eine Anschubfinanzierung für eine solche Maßnahme sein und sendet wirksamen Anreize für die Bevölkerung für die Wärmewende daheim. Solch regionale Förderprogramm sind vielfach erprobt und haben ihre Wirksamkeit bewiesen. So setzt beispielsweise die Stadt Traunstein nach einem Stadtratbeschluss aus dem Jahr 2020 auf ein Förderprogramm zur Nutzung von erneuerbaren Energien und energieeffizientem Bauen und Sanieren. Dabei werden u.a. für Solarthermie-Anlage 500 – 600 € als einmaliger Zuschuss zu den Investitionskosten gewährt. Ein vergleichbares Programm stellt auch für den Landkreis Berchtesgadener Land einen wichtigen Baustein für einen klimafreundliche Wärmeversorgung dar.

 

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen beantragt daher:

 

Die Verwaltung wird aufgefordert, ein Förderprogramm für Solarthermie-Anlagen bei Nachweis der Neuinstallation oder Erweiterung zu entwickeln und dem Ausschuss für Umwelt, Energie, Landkreisentwicklung und Mobilität vorzulegen.

 

Die Mittel für die beschriebenen Maßnahmen sind im nächsten Haushalt vorzusehen.

 

Dr. Bernhard Zimmer und Simon Köppl, i.A. für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen