Seit vergangenem Oktober hat die Bundesregierung mit dem sogenannten Solarpaket I den Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen deutlich vereinfacht. Auch Balkonsolarkraftwerke können nun leichter installiert werden. Die neuen Regelungen wurden in einer vom Ortsverband Freilassing von Bündnis 90/Die Grünen organisierten Infoveranstaltung unter dem Titel „Balkonkraftwerke, Energie in Bürgerhand“ ausführlich vorgestellt. In der gut besuchten Abendveranstaltung mit anschließender Diskussion zeigte sich, dass es auch für Mieter einfacher geworden ist, die kleinen Kraftwerke aufzustellen und die Solarenergie zu nutzen.
Die Freilassinger Ortsvorsitzende und Bundestagsdirektkandidatin Ulrike Schweiger begrüßte die Interessierten im Veranstaltungssaal „Space“ des Vereins Doyobe. Sie freue sich sehr, dass mit Alfred Krammer ein Referent gewonnen wurde, der anhand von Praxisbeispielen berichten wird. „Wir dürfen stolz sein, dass es jetzt so leicht und unbürokratisch geht“, so Schweiger, „das ist eine grüne Erfolgsgeschichte, die gut für den Geldbeutel der Bürger und das Klima ist“. Sie entschuldigte den erkrankten Freilassinger Stadtrat Lukas Maushammer, der die rechtlichen Aspekte hätte beleuchten sollen. Schweiger bot an, allfällige Fragen, die während der Veranstaltung nicht beantwortet werden können, dem Freilassinger Ortsverein schriftlich zu stellen.
Die Bundestagskandidatin bedankte sich bei Onur Bakis vom Verein Doyobe, der den Veranstaltungsraum zur Verfügung stellte. Ihr imponiere das Konzept des Vereins sehr, der das alte Gebäude am „Eisernen Steg“ saniert und dort für Jugendliche einen Ort für Workshops, Austausch und interkulturelle Begegnung geschaffen habe.
Nach einer kurzen Einführung übergab Simon Benedikt Tradler vom Freilassinger Ortsverband, der den Abend moderierte, das Wort an Alfred Krammer. Der Teisendorfer berichtete, dass ihn die Materie sehr interessiere und er auf dem Dach seines Hauses schon vor vielen Jahren eine große PV-Anlage installiert habe. Beruflich sei er damit nicht befasst, so der Maschinenbaumeister. Mit der Thematik der Mini-PV-Anlagen habe er sich auseinandergesetzt, nachdem ihn seine drei Tanten, alle „70+“, wie er mit einem Augenzwinkern sagte, vor zwei Jahren gefragt hätten, ob er sie beim Kauf eines Balkonkraftwerks unterstützen könne. Sie würden nämlich auch gerne etwas für die Umwelt machen und dabei Energiekosten einsparen, wie es die Tanten, die zur Miete wohnen, ausdrückten.
Im Folgenden stellte Alfred Krammer die drei unterschiedlichen Balkonkraftwerke ausführlich vor, die er nicht nur auf dem Balkon, sondern auch auf einer Terrassenüberdachung und dem Dach eines Gartenhäuschens seiner Tanten installiert hat. Anhand einer detaillierten Präsentation erläuterte er die technischen Voraussetzungen, informierte über Neuerungen und Anpassungen der Vorschriften sowie über ungefähre Kosten und Einsparungen pro Jahr. Zudem gab er viele praktische Tipps.
Der Teisendorfer erläuterte die Rahmenbedingungen, also dass man seit vergangenem Jahr PV-Module mit einer Leistung von bis zu 2000 Watt betreiben und Strom mit einer Wechselrichterleistung von bis zu 800 Watt ins Hausnetz einspeisen dürfe. Mieter bräuchten unter anderem nicht mehr die ausdrückliche Zustimmung des Vermieters, weil Steckersolargeräte in die Liste der privilegierten baulichen Veränderungen aufgenommen wurden. Eine Nachfrage beim Vermieter sei allerdings empfehlenswert. Angemeldet werden müsse die Anlage aber trotzdem und zwar im sogenannten Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur, was aber einfach zu bewerkstelligen ist und gut funktioniere, wie der Referent zeigte. Eine Anmeldung beim Netzbetreiber sei nicht mehr notwendig. Praktisch sei es nun, dass man die Anlage beim Auszug abmontieren und mitnehmen könne. In dem Register müsse man dann lediglich die neue Adresse eintragen.
Um einen möglichst guten Ertrag zu erzielen, sei die Südausrichtung der Module wichtig, betonte er. Bei den Balkonkraftwerken gehe es in erster Linie um den Eigenverbrauch des Stromes, nicht um die Einspeisung in das öffentliche Netz, so der Experte. Laut einer Beispielrechnung für eine Anlage ohne Speicher würden sich die Kosten nach etwa dreieinhalb Jahren amortisiert haben, rechnete Krammer den Besuchern vor. Mittels einer App könne man sich die Leistung auch visualisieren lassen und jederzeit abrufen. „So sieht man, wie viel man einspeist und wie viel ,Gewinn‘ man macht“. Weil die Tanten diese technische Möglichkeit nicht nutzen wollten, mache er das und informiere sie regelmäßig.
Auch das wichtige Thema „Speicher“ kam zur Sprache. Der Teisendorfer stellte verschiedene Systeme vor, unter anderem ein modulares Speichersystem, bei dem mehrere Module zusammengesteckt werden können. Bei seiner modernsten Anlage sind Wechselrichter und Speicher in einem Kasten verbaut.
„Man lernt durch Erfahrung, ein viertes Mini-Kraftwerk in der Familie ist im Bau“, ermutigte der Referent die Besucher. Diese zeigten sich sehr interessiert und stellten im Anschluss viele Fragen, etwa zum „Smart Meter“, wie der moderne digitale Stromzähler genannt wird, zur Verbesserung des W-Lan-Netzes im Falle einer Mini-Anlage auf dem Dach eines Gartenhäuschens, zur sicheren Inbetriebnahme und was in alten Häusern zu empfehlen ist. Hier sollte vorweg ein Elektriker zu Rate gezogen werden, riet Alfred Krammer, der in der Folge noch viele weitere Fragen beantwortete.
Nach dem Vortrag diskutierten die Besucher noch eine ganze Weile und tauschten ihre Erfahrungen hinsichtlich der kleinen Solarkraftwerke sehr angeregt aus. Wer wollte, konnte sich an einem kleinen Buffet bedienen, das Doyobe aus dem benachbarten „Fairteiler“ des Foodsharing-Team BGL zusammengestellt hatte.