Erstellt von Hannes Höfer | |   Laufen

Hundert Prozent Erneuerbare bis 2030

Grüner Bundestagskandidat Wolfgang Ehrenlechner zu Gast im Laufener Stadtpark

 

Wolfgang Ehrenlechner ist 40. Der Teisendorfer ist Geschäftsführer der Bundeszentrale für katholische Jugendarbeit. Doch nun strebt der Familienvater nach einem Sitz im Deutschen Bundestag. Als Grüner will er den Platz erobern, den ein Schwarzer seit 31 Jahren innehat, aber den trotz seines Rentenalters noch nicht räumen will. Eines machte Ehrenlechner im schattigen Laufener Stadtpark deutlich: „Die Union darf nicht wieder den Bundeskanzler stellen. Es braucht eine neue Führung.“

„Ansprechbar“ steht auf den Plakaten des Wahlkreiskandidaten. Die Plakate der Bündnis-Grünen sind diesmal in deutlich hellerem Grün gestaltet als früher. Dafür liegt auch auf den Gesichtern ein grüner Schleier. So auch bei Wolfgang Ehrenlechner. Der ist derzeit täglich unterwegs, auch mit Grüner Prominenz. Mit leichter Verspätung kam er deshalb in die Salzachstadt, wo er die „schöne Location“ lobte. Der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel attestierte er zumindest eine „solide Verwaltung“, was fehle sei eine „Weiterentwicklung“. Die Baustellen liegen für den Kandidaten auf der Hand: Klimakrise, die Kluft zwischen Arm und Reich, die Zukunft der Europäischen Union, die Rente und das Gesundheitssystem. „Man könnte diese Liste beliebig fortführen“, bremste sich Ehrenlechner selbst ein.

Auch andere Parteien hätten inzwischen den Klimawandel als Herausforderung begriffen, ein Plan dafür aber fehle in deren Wahlprogrammen. „Wer keine Antworten liefert, ist ver-antwort-ungslos“, zitierte Ehrenlechner den Grünen-Co-Vorsitzenden Robert Habeck und erinnerte an einen Slogan der 80er Jahre, als man die Erde nur von den Kindern geborgt hatte. Beim teilweise umstrittenen Erneuerbare-Energien-Gesetz aus dem Jahr 2002 habe man versäumt, es anzupassen. „Und eine Zehn-H-Regel für Windräder lässt sich nicht argumentieren“, zielte Ehrenlechner auf CSU-Mann Horst Seehofer, vielmehr gelte es, auf zwei Prozent der Landfläche Windenergie möglich zu machen. Vor allem aber müsse Planung und Genehmigung wesentlich rascher geschehen. Photovoltaik auf Dächern sollte zum Standard werden und davon auch Mieter profitieren.

Die Grünen wollen Deutschland bis 2040 klimaneutral machen und deshalb bis zum Jahr 2030 zu hundert Prozent auf erneuerbare Energien setzen. Künftig auch bei den Großen wie etwa Stahl- und Automobilindustrie. „Jetzt für die Zukunft investieren“, mahnte Ehrenlechner rasches Handeln an. CO2-Kosten sollen an die Bürger zurückfließen. „Wer weniger Ausstoß verursacht, wird mehr von diesem Energiegeld haben.“

Einen ersten Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit sieht Ehrenlechner in einem Mindestlohn von zwölf Euro, der zu einem Anstieg der entsprechenden Tariflöhne führe. „20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in unserem Land leben in Armut“, beklagt er, weshalb sich die Grünen für eine ausreichende Kindergrundsicherung aussprechen.

Von jungen Leuten nach dem Wahlalter gefragt, ließ der Direktkandidat keinen Zweifel: „16 Jahre und dann diskutieren wir die nächsten Schritte.“ Diese Position unterstützte ein Vertreter von ‚Fridays for Future‘: „Politisches Interesse nimmt nicht mit dem Alter zu“, ist er überzeugt, vielmehr würden oft nur Köpfe gewählt ohne ausreichendes Hintergrundwissen. Die Klage einer Oberndorfer Bürgerin über den „Wahnsinn“, der sich auf Schloss- und Marktstraße abspiele, nahm Ehrenlechner zum Anlass, in das „Riesenthema“ Verkehr einzusteigen und hier mehr Investitionen in Bahn und öffentlicher Personennahverkehr zu fordern. Sammeltaxis, Rufbusse, Carsharing, all das müsse auch im ländlichen Raum unkompliziert zu nutzen sein, denn nur so würde es auch angenommen.

Welche Koalitionspräferenzen er denn habe? Da mochte sich der Kandidat nicht festlegen: „Die Umfragen gehen rauf und runter“, weshalb er bis zur Wahl nicht spekulieren wolle. Unstrittig ist für ihn: „Es ist eine Richtungswahl, deshalb bitte beide Stimmen für die Grünen.“ Für mehr Stimmen und eine noch bessere Stimmung spendierten die Grünen Eis an alle Besucher. Luca Rizzardini war dazu extra mit seinem Elektro-Eismobil in den Stadtparkt gekommen.

Gefragt, ob die Wahl der gleichaltrigen Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin die richtige Entscheidung gewesen sei, lässt Ehrenlechner keinen Zweifel: „Ja.“ Die hohen Zustimmungswerte nach ihrer Nominierung hätten genau dies bestätigt. Die Fehler seien später passiert. Eines merkte der Wahlkreiskandidat in kleinem Kreise augenzwinkernd an: „Es war nicht so glücklich, in Wahlkampfzeiten ein Buch zu veröffentlichen.“ Ehrenlechner ist zuversichtlich, dem Platzhirsch und Amtsinhaber Peter Ramsauer möglichst viele Stimmen abnehmen. Der hatte schon bei der letzten Wahl 2017 gehörig Federn lassen müssen, als er von vormals 62 auf 50 Prozent abgerutscht war. Ein Wechsel in die Hauptstadt träfe Wolfgang Ehrenlechner nicht unvorbereitet, denn er ist bereits jetzt sowohl beruflich als auch politisch im Land und in Berlin gut vernetzt. – höf

Für Wahlkreiskandidat Wolfgang Ehrenlechner (links) gab es im Anschluss ebenso ein Eis wie für Ortssprecher Matthias Lutz. Im Vordergrund Luca Rizzardini von der gleichnamigen Laufener Gelateria.
Wahlkreiskandidat Wolfgang Ehrenlechner erklärte, welche Politik er sich für Deutschland wünscht. Fotos: Hannes Höfer