Erstellt von Edwin Hertlein | |   Kreisverband

"Häuser bauen, die miteinander reden"

Preiswert Bauen und trotzdem qualitativ hochwertig Wohnen. Ein leidenschaftliches und eindringliches Plädoyer für eine Planung von Wohnungen „jenseits von Schema F“ hielt der vielfach ausgezeichnete Architekt Manfred Brennecke im Rahmen einer Veranstaltung des Grünen-Kreisverbandes Berchtesgadener Land zum Thema Bauen und Wohnen in Bad Reichenhall.

Ein leidenschaftliches und eindringliches Plädoyer für eine Planung von Wohnungen „jenseits von Schema F“ hielt der vielfach ausgezeichnete Architekt Manfred Brennecke im Rahmen einer Veranstaltung des Grünen-Kreisverbandes Berchtesgadener Land zum Thema Bauen und Wohnen in Bad Reichenhall. Nach Ansicht Brenneckes ist es möglich, ein bezahlbares und gleichzeitig ansprechendes Wohnumfeld zu schaffen. Grundvoraussetzung dafür sei eine ausführliche Kommunikation aller Beteiligten im Planungsprozess. Außerdem müsse man sich in Bezug auf die soziale Zusammensetzung und die Lebensformen der Bevölkerung von den Klischees der 50er und 60er Jahre verabschieden. Auch außerhalb der Großstädte sei die klassische Kleinfamilie nicht mehr die einzige Lebensform. Neben dem Ehepaar mit zwei Kindern gebe es die unterschiedlichsten Lebensmodelle. Das müsse auch im Wohnungsbau berücksichtigt werden. Allein das klassische Einfamilienhaus zu planen werde dieser Lebenswirklichkeit nicht mehr gerecht. Weiter komme es darauf an, „serielles Bauen“ und individuelle Gestaltungsfreiheit in eine fruchtbare Beziehung zu setzen. Auch baubiologische und ökologische Kriterien müssten berücksichtigt werden. Anhand des erst kürzlich realisierten Pallaufhofes in der Gemeinde Münsing am Starnberger See machte Brennecke deutlich, wie die von ihm genannten Kriterien in der Praxis umgesetzt werden könnten. Bei diesem Projekt ging es darum, auf dem leerstehenden Grundstück eines alten in Zentrumsnähe gelegenen oberbayerischen Einfirsthofes eine neue Wohnbebauung vor allem für die einheimische Bevölkerung zu schaffen. Ursprünglich war eine für viele ländliche Gemeinden heutzutage typische Aufteilung in mehrere Grundstücke mit Einzel- und Doppelhausbebauung geplant gewesen. Brennecke schlug dagegen zwei durchgängige Gebäude im Stil des alten Bauernhofes vor. In einem intensiven Kommunikationsprozess wurde die Bevölkerung in die Planungsphase einbezogen. Realisiert wurde der Neubau dann über eine Baugemeinschaft aller 24 Bauherren. Ausgeführt wurden die Gebäude in Holz. „Bauen mit Holz ist aktiver Umweltschutz“, so Brennecke. Durch die Realisierung über eine Baugemeinschaft bei gleichzeitiger extrem flächensparender Bauplanung, die Grundstückgröße pro Wohneinheit beträgt 200 Quadratmeter, konnte auch sehr preiswert gebaut werden. Für dieses Projekt ist Brennecke inzwischen mit dem Bayerischen Wohnungsbaupreis ausgezeichnet worden. In seiner Laudatio meinte der inzwischen ehemalige Bauminister Reichart: „Wir wollen die Büros auszeichnen, die mit ihrer Arbeit das baukulturelle Erbe Bayerns würdevoll weiterschreiben und sorgsam mit der unserer Umwelt umgehen.“ Grünen-Landratskandidat Dr. Bartl Wimmer, der die Versammlung leitete, erinnerte in seiner Einleitung daran, dass Manfred Brennecke bei der Planung des ebenfalls beispielhaften und hochgelobten Hotel Edelweiß in Berchtesgaden maßgeblich mitgewirkt habe. Für Wimmer ist die Schaffung von preiswertem Wohnraum eine der dringlichsten Aufgaben, die sich der Kommunalpolitik aktuell stelle. Deshalb habe er auch im letzten Jahr die Kapitalaufstockung beim Wohnbauwerk Berchtesgadener Land angestoßen. Die Kommunen sollten durch die Bereitstellung geeigneter Grundstücke mithelfen, dass die örtlichen kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsgesellschaften mehr preiswerten Wohnraum schaffen könnten. Dr. Pia Heberer, OB-Kandidatin der Reichenhaller Grünen, kritisierte in ihrem Referat, dass es aktuell kein Stadtentwicklungskonzept gebe. Der derzeit gültige Flächennutzungsplan stamme aus dem Jahr 1986. Statt eingebettet in ein Gesamtkonzept zu planen, würden ständig Vorhabens bezogene Bebauungspläne gefertigt. Damit sollten vorrangig die Interessen von Investoren bedient werden. Außerdem fehle eine Erhebung über den Wohnraumbedarf der Bad Reichenhaller Bevölkerung. Im Stadtgebiet stünden Gebäude leer, in denen Wohnraum genutzt und verdichtet werden könne, ohne dass dabei Grünflächen versiegelt werden müssten. Es fehle ein Leerstandsmanagement, ohne das fundierte Aussagen über die derzeitige Situation in der Stadt nur schwer möglich sei. Eine sinnvolle und durchdachte Entwicklung der Stadt finde so nicht statt.

 

Dr. Bartl Wimmer, Dr. Pia Heberer im Gespräch mit Manfred Brennecke