Am vergangenen Donnerstag hat der Kreisverband der Grünen Berchtesgadener Land gemeinsam mit dem Ortsverband Freilassing zum Auftakt des Europawahlkampfes in den Neuwirt/Surheim geladen - unter dem Motto "Für ein grünes Europa-für eine grüne Mobilität" haben sich zahlreiche Interessierte aus dem gesamten Landkreis, aber auch aus dem Salzburger Land eingefunden. Nach einer kurzen Einführung und Begrüßung durch die beiden Hauptorganisatoren vom Freilassinger Ortsvorstand Kaspar Müller und Simon Tradler hielt Dr. Markus Büchler, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, einen kurzen Impulsvortrag. Er spannte den Bogen von Europa zu uns ins Berchtesgadener Land. Denn viele Entscheidungen werden in Brüssel getroffen. Angefangen vom Ausbau des europäischen Schienennetztes als Alternative zum Flugverkehr, bis zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene (Stichwort: Brenner Nordzulauf, der auch unsere Region betrifft) und vieles mehr. Der Green New Deal funktioniere derzeit noch in der EU aufgrund der (noch) Mehrheitsverhältnisse, die sich aber aufgrund des drohenden Rechtruckes nach der Europawahl schnell ändern können. Neben der daraus resultierenden Gefahr für unsere Demokratie, wäre davon auch die ökologische Entwicklung in der Verkehrspolitik gefährdet, betonte Büchler. Bayern hinke in diesem Bereich bereits jetzt stark hinterher. Beim Ausbau des ÖPNV besetzen fünf Bayerische Landkreise die letzten Plätze. Und die Verantwortung für den Ausbau bzw. die Planung des Nahverkehrs liege beim Land - Die Finanzierung wird dann beim Bund beantragt. Die Bayerische Staatsregierung investiert in den Straßenneu- und - Ausbau mehr als doppelt so viel wie in den Ausbau des ÖPNV. Und auch die Sanierung sollte eine höhere Priorität einnehmen. Dr. Büchler unterstrich zum Ende seines Vortrags auch die Wichtigkeit eines Verkehrsverbundes. Und egal wie er heißen mag, er müsse für die Bürger funktionieren. Eine Familie, in der ein Mitglied in Rosenheim arbeitet, ein anderes in Salzburg zur Schule geht und ein drittes in Bad Reichenhall arbeitet, solle jeweils individuell das passende Ticket beziehen können - mit einer einheitlichen Preisgestaltung – auch über die Grenzen einzelner Verkehrsverbünde hinweg.
Dass in Bayern neben dem Ausbau des ÖPNV auch der Ausbau des Radnetzes nach dem Scheitern des Radentscheides und der "Hopplahop-Einführung" des Bayerischen Mini-Radgesetzes nach wie vor eher holprig läuft, sei ein offenes Geheimnis, so der verkehrspolitische Sprecher.
Wie es anders und besser laufen kann, aber auch, dass die Umsetzung von guten Konzepten vom Willen der jeweiligen Regierung abhängt, war den weiteren Redebeiträgen zu entnehmen. Als nächstes ergriff Ing. Peter Weiss, Radverkehrskoordinator der Stadt Salzburg das Wort. Er informierte über die fundierte Radwegeplanung in Salzburg. Das Hauptradroutennetz werde ergänzt durch drei Umlandrouten - eine davon führt nach Freilassing. Nachdem jedoch die Leuchtturmprojekte Radbrücke über die Saalach und ein Verleihsystem bis nach Freilassing mit der bisherigen Salzburger Stadtregierung 2019 auf Eis gelegt wurden, ist nun mit der neuen Regierung ab Mitte Mai Hoffnung angebracht. Herr Weiss ist daher sehr optimistisch bzgl. der Realisierung der von "drent und herent" lang ersehnten Radbrücke. Bei der Finanzierung werden auch europäische Fördermittel bzw. die Euregio - Förderung zum Tragen kommen. Im Gegensatz zu Deutschland und Bayern ist die Verkehrspolitik in Österreich (eine Grüne Verkehrsministerin) schon beinahe progressiv - weder Parkplätze noch sogenannte Begegnungszonen sind tabu. In Bayern herrscht dagegen nach wie vor die Direktive "Leichtigkeit des (Auto-)Verkehrs" im Gegensatz zum deutschen bzw. europäischen Motto "maximale Sicherheit für die Bevölkerung". Im Anschluss an Peter Weiss übernahm Dipl. Ing. Harald Birgmann vom Land Salzburg das Wort. Er stellte den interessierten Zuhörern das Projekt der Radbrücke vor. Zur besseren Veranschaulichung hatte er ein detailgetreues Modell dabei. Er berichtete, dass der Planungsprozess, der mit 75% von der Euregio gefördert wurde, bereits abgeschlossen und die Brückenplanung genehmigungs- und ausschreibungsreif sei.
Als letzter geladener Redner kam Franz Eder, Grüner Kreisrat aus Laufen, an die Reihe.
Er führte im Schnelldurchlauf durch die aktuellen Verkehrsthemen im Kreistag. Angefangen bei dem geplanten Verkehrsverbund TS-BGL, der sich durch einen extrem langwierigen Prüfungsaufwand (ob sich das überhaupt lohnt) sehr teuer und mühsam gestaltet.
Ein sogenannter On-Demand-Verkehr (Rufbus-System) ist im Berchtesgadener Land geplant und soll ab 2027 sukzessive umgesetzt werden. Über das Thema RVO wurde bereits ausführlich in der regionalen Presse berichtet. Bei den Rad-Projekten Radschnellweg von Freilassing nach Bad Reichenhall und der Radbrücke über die Saalach tut sich seit 2020 im Landratsamt nichts. Die letzte Aussage wurde von fast allen Anwesenden mit Kopfschütteln quittiert.
Dann wurde das Publikum miteinbezogen. Uli Schweiger, die Sprecherin des OV Freilassing und des Kreisverbandes moderierte die Diskussion. Als erstes wurde über die Notwendigkeit einer zusätzlichen Radbrücke über die Saalbach zwischen Salzburg und Freilassing diskutiert. Einigen schien der Radweg über das Wehr ausreichend und auch die Radwege in der Stadt Freilassing wurden ausdrücklich gelobt. Es wurde daraufhin herausgearbeitet, dass es nicht ums "Radfahren" an sich geht, sondern in einem modernen Mobilitätskonzept um den Radverkehr als gleichwertige Alternative für die Mobilität im Alltäglichen Verkehr neben dem Auto oder auch dem ÖPNV.
Durch die Entwicklung des E-Bikes werden weitere Strecken mit dem Rad zurückgelegt und der Bedarf an einer barrierefreien Möglichkeit, ohne ständige Haltepunkte an Kreuzungen von A nach B zu kommen, steigt ständig. Simon Tradler, der ein Jahr in Amsterdam gelebt und gearbeitet hat, erzählte daraufhin von dem Verkehrssystem dort, das größtenteils den Rad- vom Autoverkehr trennt "Radfahrer und Autofahrer kommen sich kaum in die Quere, was natürlich die Sicherheit der Radfahrer enorm verbessert". Auch die Kreisverkehre dort sind deutlich großzügiger geplant, so dass sowohl die Fahrräder als auch die Autos mehr Raum und damit mehr Sicherheit haben - es ist daher selbstverständlich, dass die Kreisel auch von Rädern genutzt werden. Davon sind wir in Bayern noch weit entfernt. Denn wenn man bei unseren Kreisverkehren die Regel anwendet "erst wenn Du Dein Kind ohne Ängste auf dem Radweg fahren lässt, dann ist er ok", bleibt kaum ein Kreisverkehr übrig. Von Albert Aschauer aus Teisendorf, ebenfalls Grüner Kreisrat, kam der Hinweis, dass der Radweg entlang der B304 von Teisendorf Richtung Traunstein plötzlich vor Surberg im Nirgendwo endet. Aber auch die Traunsteiner Gemeinde kommt in ihrem Vorhaben nicht weiter und hat sich nun an die Gemeinde Teisendorf gewandt. Dr. Markus Büchler erklärte, dass in diesem Fall der Landkreis Traunstein zuständig ist. Als Kreisrat kann man jederzeit eine Anfrage dorthin schicken. Falls keine Rückmeldung kommen sollte, kann man sich gerne an ihn wenden, damit er von Seiten des Landtags intervenieren kann.
Ulli Gritzuhn aus Bayerisch Gmain hatte noch ein Anliegen auf dem Herzen – die B20, die durch seinen Ort führt. Wie kann eine Kommune z. B. eine 30-er-Zone durchsetzen. Der Gemeinderat vor Ort läßt stets ein "geht nicht" vernehmen.. Dr. Büchler verwies auf den §45 Absatz 1 StvO, in dem geregelt ist, dass die kommunalen Verwaltungen, sofern bestimmte Voraussetzungen vorhanden sind sogar zur Umsetzung reduzierter Geschwindigkeiten (Tempo 30) verpflichtet sind.
Es kamen noch einige Gedanken und Ideen zur Sprache und allen Beteiligten war das Interesse und Engagement für das Thema "Mobilität" anzumerken. Bevor Uli Schweiger zum Ende allen Anwesenden, vor allem den Rednern dankte, hat sie noch auf die bevorstehenden Grünen Veranstaltungen hingewiesen, die noch weitere wichtige Themen zum Inhalt haben, denn die Grünen im Berchtesgadener Land werden sich weiter verstärkt für die Themen einsetzen, die den Bürgern hier am Herzen liegen.
Am Dienstag, 7.5. Einlass ab 19 Uhr beim Neuwirt in Aufham "Rechte Versprecher, die neue Rechten und ihr Netzwerk", Vortrag und Diskussion mit dem bekannten AfD-Experten und Autor Andreas Kemper und
Am Sonntag, 12.5., um 19 Uhr im Kulturhof Stangass, "Starke Frauen für das Land, Grüne Werte für Europa" mit Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende, und Mia Goller, landwirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag.