Im Rahmen der offenen Gesprächsrunde der Saaldorf-Surheimer Grünen, die von Zeit zu Zeit am Freitagnachmittag im Cafe der Surheimer Biobäckerei Wahlich zusammenkommen, stand beim jüngsten Treffen das Projekt „Lesepaten – Chancen für Kinder“ im Fokus. Die Sprecherin der Ortsgrünen Karin Kleinert begrüßte dazu Barbara Nicolai, die das Projekt seit ein paar Jahren leitet und es ausführlich vorstellte. Zudem berichtete sie eindrücklich über ihre persönlichen Erfahrungen und Begegnungen. Viele Kinder und Jugendlichen würden sehr von der Unterstützung beim Lesenlernen profitieren und hätten dadurch bessere Chancen im Leben, so Nicolai.
Die gebürtige Saaldorferin, die in Sillersdorf wohnt und seit vier Jahren Vorsitzende des Kulturkreises Saaldorf-Surheim ist, erzählte den interessierten Gästen, wie sie zu den „Lesepaten“ kam. Im Grunde seien die Coronakrise und die damals veranlassten Schulschließungen Auslöser gewesen, erläuterte Nicolai. Denn als es im Frühjahr 2020 mit der Pandemie so richtig losging, sei sie gerade auf Heimaturlaub in Sillersdorf gewesen. Ein Flug zurück nach Niger, wo sie mit ihrem Mann im Auslandsdienst war, sei nicht mehr möglich gewesen.
2021 habe sie in einer Annonce gelesen, dass das Mehrgenerationenhaus Startklar Soziale Arbeit Oberbayern ehrenamtliche Lesepaten sucht. Diese sollten mit Kindern, die von den Schulschließungen besonders hart getroffen waren, üben und etwas gegen die immer öfters zu beobachtende Leseschwäche tun. War das Angebot anfangs in erster Linie an Freilassinger Grundschüler gerichtet, kamen bald Kinder und Jugendliche der Freilassinger Mittelschule, Schüler der Grundschule Saaldorf-Surheim sowie die Kinder einiger Kitas dazu. Weil das Projekt bald größer wurde und sich immer mehr Freiwillige engagierten - inzwischen sind es 34 ehrenamtliche Lesepatinnen und Lesepaten - habe es jemanden gebraucht, der Ehrenamtler und Schulen koordiniert. Als Karin Niedermeyer, die Leiterin des Mehrgenerationenhauses, sie gefragt habe, ob sie diese Aufgabe im Rahmen einer Übungsleiterpauschale übernehmen wolle, habe sie als studierte Orientalistin und Lehrerin für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache nicht lange überlegen müssen, betonte Barbara Nicolai. Leseförderung, Bücher an sich und die Vermittlung der deutschen Sprache würden ihr seit jeher sehr am Herzen liegen.
Im Folgenden nannte Barbara Nicolai viele Fakten rund um dieses Ehrenamt. Sie führe im Vorfeld ein ausführliches Gespräch mit dem Lesepaten-Bewerber, der nicht zwingend eine pädagogische Ausbildung brauche. Danach müsse dieser ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis der Gemeinde vorlegen. Der Träger „Startklar“ übernehme die Kosten dafür. Es gebe kostenlose Fortbildungen, die von der im Landratsamt angesiedelten Freiwilligenagentur organisiert werden. Über die bayerische Ehrenamtsversicherung seien die Lesepaten während ihrer Tätigkeit auch versichert.
Und wie läuft das dann konkret in den Schulen ab, lautete eine Frage aus der Runde. Die Lesepaten sind einer bestimmten Klasse und Lehrkraft zugeteilt, erklärte Barbara Nicolai. Diese entscheide, welche Kinder an der Förderung teilnehmen und welche Lerninhalte, üblicherweise die, die in der Klasse gerade durchgenommen werden, besprochen werden. Geübt wird während des Unterrichts in einem eigenen Raum in der Schule. In der Regel betreut die Lesepatin in einer Schulstunde zwei bis drei Kinder, darunter solche mit und ohne Migrationshintergrund. In der offenen Ganztagsschule werde nachmittags geübt. Neben dem Lesen werde auch durch Gespräche die deutsche Sprache vermittelt.
Mit dem Lesepaten-Projekt gebe es eine mehrfache Win-win-Situation, betonte Barbara Nicolai am Ende ihrer Ausführungen. Die Kinder würden Zeit, Zuwendung und Aufmerksamkeit genießen, die ihnen die Lesepatin beim Üben widmet, wodurch sie besser lesen lernen. Zudem würden die Lehrkräfte entlastet. Dass man auch als Lesepatin profitiere, bestätigte die beim Treffen anwesende Brigitte Schmid. Man bekomme von den jungen Menschen Wertschätzung und Respekt zurück, weil für sie die 1:1-Auseinandersetzung mit einem Erwachsenen etwas Besonderes sei. Außerdem sei zu spüren, dass für viele Kinder eine solche Zuwendung nicht alltäglich sei. „Alles in allem ist das ein sehr angenehmes Ehrenamt“, meinte die Lesepatin.
Die Grünen zeigten sich sehr beeindruckt von dem Projekt, mit dem das Lesen quasi spielerisch gefördert wird und es dadurch den Kindern mehr Spaß macht. Wer Interesse hat, so Barbara Nicolai, könne sich gerne bei ihr per Mail melden (lesepaten.freilassing@gmail.com ).



