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CSU-Stadtrat im Wahlkampf für die Grünen

Klotz zur Klage gegen das FOC: „Vielleicht verlieren dann einige Investoren Lust“CSU-Stadtrat Christian Klotz hielt eine kämpferische Rede bei der Kommunalwahl-Aufstellungsversammlung von Bündnis 90/Die Grünen.

BAD REICHENHALL (rl) - Der Wahlkampf gewinnt an Fahrt und an Schärfe, spart auch nicht mit Überraschungen: Und so stieg am Freitagabend ein altgedienter CSU-Stadtrat bei den Grünen in den Wahlkampf mit ein und schimpfte gehörig über die beiden Landtagsabgeordneten Roland Richter und Anton Kern sowie Landrat Georg Grabner, alle aus den eigenen Reihen und Befürworter des Zielabweichungsverfahrens, mit dem nahe Piding riesige Gewerbeflächen entstehen können. Christian Klotz lässt keinen Zweifel an seiner Gegnerschaft, wenn es um das geplante Handelshaus auf der grünen Wiese geht. „Das Ding ist noch lange nicht gegessen“, meint der Mann, der seit 24 Jahren für die CSU im Stadtrat sitzt, mehr als ein Vierteljahrhundert Vorsitzender des Gewerbevereins in Bad Reichenhall war sowie deutschlandweit wie international Kommunen berät. Er wird die Grünen im Wahlkampf unterstützen, sein ehemaliger Parteifreund Wolfgang Wachter kandidiert auf der Stadtratsliste von Bündnis 90/Die Grünen (wir berichteten gestern).

„Seit der Wende haben wir im Westen 79 Prozent Verkaufsflächen mehr, aber keinen Euro Umsatzsteigerung“, sagte Christian Klotz. Damit wollte er den versammelten Grünen vor Augen führen, dass große Handelshäuser wie so genannte Factory Outlet Center (FOC) zwar viele Menschen anziehen, aber der Kuchen für den nahen Einzelhandel kleiner und anders verteilt wird. Das ist die Gefahr, die Klotz wittert. Sollte das Pidinger FOC mit 8.000 Quadratmetern Verkaufsfläche in der ersten Phase kommen, dann würde seiner Meinung nach der Umsatz beim Reichenhaller Einzelhandel und der Gastronomie um 17 bis 25 Prozent einbrechen. „In den vergangenen 15 Jahren hat Reichenhall bereits 40 Millionen Euro an Umsatz verloren“, betont Klotz. Und: „Die Stadt Bad Reichenhall will in zweiter Instanz gegen die Entscheidung vorgehen, eine Zielabweichung im Fall Piding zuzulassen. Vielleicht verlieren dann einige Investoren die Lust, wenn es so lange dauert“, hofft er.

Christian Klotz ist enttäuscht, dass sich seine Parteifreunde Richter, Kern und Grabner für die Ansiedlungspläne nahe Piding so ins Zeug legen: „Die haben das mit der Zielabweichung in München durchgesetzt.“ Da steigt Professor Dr. Bernhard Zimmer in die Diskussion ein, der zuvor über alternative Energiekonzepte referiert hat. Er lebt mit seiner Familie in Piding: „Ich habe noch nie einen größeren Schwachsinn gehört. Da sollen auf einem 10.000 Quadratmeter großen Grundstück 8.000 Quadratmeter Verkaufsfläche entstehen und die notwendigen 600 Parkplätze lassen sich nur mit einer dreigeschossigen Tiefgarage realisieren.“ Professor Zimmer versteht die Welt nicht mehr: „Die Gemeinde setzt auf Traditionen und den ländlichen Charakter. Sie will mehr Touristen anlocken, aber bestimmt nicht mit dem Outlet Center.“ Die FOCs sollen nach dem Willen von Bundes- und Landespolitikern nur in der Nähe von Oberzentren und Großstädten an integrierten Standorten entstehen und größenmäßig „stadtverträglich“ sein. Genau das zweifeln Gegner im Fall Piding und Bad Reichenhall an.

Der frisch gewählte Spitzenkandidat der Grünen zur Stadtratswahl hat eine weitergehende Befürchtung. Michael Nürbauer behauptet: „Die CSU-Abgeordneten aus dem Landkreis mauscheln mit beim FOC. Wenn das erst einmal steht, kann es weiter gehen mit der Bautätigkeit entlang der Autobahn. Das wäre ein immenser Schaden, denn unsere Landschaft verliert dann ihr Gesicht.“ Auch Professor Zimmer macht sich Sorgen. Er hat einen bestimmten Unternehmer im Auge, „der kauft entlang der Autobahn jede Wiese “.

Grünen-Stadtrat Bruno Rettelbach, der die Versammlung in den „Poststuben“ leitet, will wie Michael Nürbauer, noch vor der Stadtratswahl im März 2008 einen Informationsabend mit Christian Klotz zum Thema Gewerbeansiedlung. Rettelbach freut sich über „den Unterstützer Klotz“ und der ist so in Fahrt, dass er gleich noch von einem „möglichen Gewerbegebiet an der Reichenhaller Umgehungsstraße“ spricht. Er meint: „Ein Möbel- oder Baumarkt kann nicht verhindert werden.“

Auch beim ehemaligen Gaswerksgrundstück, wo der Discounter Lidl seit drei Jahren Baurecht hat, bewegt sich etwas, wie Klotz andeutet. Ein Investor soll sowohl das Lidl-Grundstück kaufen, wie auch das benachbarte Areal, wo ein kleiner Tengelmann-Markt steht. Ein übergreifendes Konzept soll beiden Unternehmen nützen. Im Stadtrat steht die Angelegenheit am heutigen Dienstag auf der Tagesordnung.