Erstellt von Franz Eder |

Corona – Grüne Kreistagsfraktion fordert sorgfältiges Abwägen

Bericht zur Fraktionssitzung der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Corona im Berchtesgadener Land

 

Corona trifft nicht alle gleich schwer und deshalb muss eine vernünftige und ausgewogene Politik stärker auf die am härtesten Betroffenen ausgerichtet sein, so Dr. Bartl Wimmer in der Fraktionssitzung der Kreistagfraktion der Grünen BGL. Ein Hauptaugenmerk der Politik müsse denjenigen gelten, die physisch um ihr Leben oder wirtschaftlich um ihre Existenz kämpfen. Dr. Wimmer weiter: Letzten März traf uns alle Corona unvorbereitet und da können Fehler bei schnellem Handeln passieren. Aber jetzt, sieben Monate später, sollten vorbereitete Konzepte vorliegen. Selbstverständlich seien viele der Maßnahmen wegen der hohen Infektionszahlen nötig. „Es fällt mir aber schwer die Linie des Landratsamts in allen Punkten voll mitzutragen, wenn die Maßnahmen offensichtlich überzogen und teilweise sogar gefährlich sind“. 

 

Sehr kritisch sieht Dr. Wimmer die angeordnete sofortige Abreise der vielen Beherbergungsgäste aus dem Landkreis. Der Grünen Fraktionssprecher betont, dass es ihm völlig unverständlich und aus seiner Sicht auch unverantwortlich sei, die Gäste von einem Tag auf den anderen ohne Testung nach Hause zu schicken. Dr. Wimmer: „Das war doch auch eines der Hauptprobleme in Ischgl. Genau diese überstürzte Abreise war mitverantwortlich für die europaweite Verbreitung des Virus im Frühjahr“. 

 

Diskussionspunkt der Grünen Kreistagfraktion war auch die Schließung der Wanderparkplätze im Berchtesgadener Raum. Landratsstellvertreterin Elisabeth Hagenauer brachte es mit einem Vergleich auf den Punkt: Vor dem Globus parken Hunderte von Autos auf engem Raum, aber Wanderparkplätze, von denen aus die Menschen sich in die Natur bewegen, werden geschlossen. Mir erschließt sich das nicht. 

 

Besonders geärgert habe die Freilassingerin auch, dass landkreisweit alle Kinderspielplätze geschlossen worden seien. Ich halte diese pauschale Maßnahme für überzogen und verfehlt, zeigt Elisabeth Hagenauer klare Haltung. Man darf nicht Schulen und Kitas schließen und sogar noch die Kinderspielplätze sperren. Gerade wurde doch die von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey in Auftrag gegebene Studie veröffentlicht, nach der Kitas keine Infektionsherde darstellen und Kitas nicht zu den Treibern der Pandemie gehören. 

 

Dies sieht Kreisrätin Iris Edenhofer genauso. Sie ging insbesondere auf die schwierige Lage vieler Eltern ein: Viele Eltern seien verzweifelt und haben große Schwierigkeiten ihre Kinder betreuen zu lassen. Sie vermisse an vielen Stellen gut vorbereitete Krisenpläne. Nicht jeder habe eben Großeltern, die die Betreuung übernehmen können. Außerdem gebe es Lücken in den Notbetreuungen. Es reiche nach Meinung der 3. Bürgermeisterin in Berchtesgaden nicht aus, diese für alleinerziehende Berufstätige und Eltern aus sog. systemrelevanten Berufen anzubieten. Es gebe darüber hinaus viele Eltern, die dringend eine Betreuung für ihre Kinder bräuchten. Gott sei Dank gebe es im Landkreis Gemeinden, die über das Mindestmaß hinaus zusätzlich Betreuungsmöglichkeiten und großzügigere Betreuungszeiten anböten. Sie machte auch auf einen weiteren dringend zu verbessernden Punkt aufmerksam: Ein Riesenproblem bestehe für die über 1600 Schülerinnen und Schüler, die eine Schule im benachbarten Traunstein oder Salzburg besuchen. Diese dürften nicht in die Schule gehen und seien auch von Betreuungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Das wäre nach Meinung von Iris Edenhofer Aufgabe eines gut vorbereiteten Konzepts. 

 

Kreisrätin Iris Edenhofer betonte auch, dass sie sich derzeit als Kreisrätin nicht ernst genommen und mitgenommen fühle. Auch die Fraktionssprecher Dr. Wimmer, Elisabeth Hagenauer und Simon Köppl fordern eine Einbeziehung der demokratisch gewählten Gremien. Die Drei sind sich einig: Der Kreistag hat von den Maßnahmen aus der Presse erfahren. Wir werden es nicht mehr hinnehmen, dass der Landrat das Tagen des Kreistags und seiner Ausschüsse unterbindet und gleichzeitig eine AfD-Veranstaltung abgehalten werden kann. Die Folge der abgesagten Sitzungen sei, dass die nächsten Monate bei wichtigen Themen inhaltlich wieder nichts vorangehe. Wir fordern sinnvolles Abwägen sowie eine Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Das geht nur unter Einbeziehung der Gremien im demokratischen Diskurs und nicht mit den „Daumenschrauben des Landrats“.